Was Ronaldo und Messi auf dem Rasen verkörpern, sind Tekkz und MsDossary an der Konsole. Titelsammler. Dominatoren. GOATs (Greatest of all Time). Wie kaum andere Spieler vor oder nach ihnen prägten die beiden die E-Sport-Szene in Electronic Arts’ Fußballsimulation FIFA. Gewannen allein bei internationalen Turnieren 13 Titel.
Doch könnten sie auch auf dem realen Platz überzeugen? Im Phygital Sport müssten sie das. Die moderne Sportform verknüpft digitale und physische Elemente. Schickt Konsolen-Könige quasi auf den Platz – ohne Controller oder Pause-Knopf.
Wie dieses innovative Sporterlebnis funktioniert und welche Zukunftschancen der Phygital Sport bietet.

Phygital Sport – Was heißt das eigentlich?
Es bedarf keiner spitzfindigen Schlussfolgerung à la Sherlock Holmes, um die Wortzusammensetzung zu verstehen. Phygital ist ein sogenanntes Kofferwort aus „physisch“ und „digital“. Was der Begriff genau bedeutet, wissen jedoch vermutlich nur wenige Menschen.
Phygital Sport bezeichnet die Symbiose aus Gaming-Erlebnis und sportlicher Aktivität. Er soll der Gegenentwurf zum stundenlangen Zocken auf dem Sofa sein. Denn es ist ziemlich ungesund, den ganzen Tag vor dem Bildschirm zu verbringen. Ein sitzender Lebensstil und der daraus resultierende Bewegungsmangel erhöhen das Risiko für Folgeerkrankungen.
Phygital Sport verordnet deshalb eine Portion Bewegung in deiner bevorzugten Sportart. Wer auf der Konsole mit Wirtz, Mbappé oder Gwinn zaubert, muss anschließend selbst auf dem Feld glänzen – oder auf der Tanzfläche, dem Basketball-Court, dem Fahrrad oder im Boxring. Zumindest bei Wettkämpfen wie den Games of the Future.
„Phygital Sports ist kein Ersatz, sondern ein neues Spielfeld für all jene, die Sport, Spiel und Technologie zusammendenken.“
Marcus Meyer, Innovationsexperte für die Themen eSports, Gamification und digitale Transformation
Die einzige Form des digitalen Sporttreibens ist das aber nicht. Technologie hat längst einen festen Platz im Sport. Schon 2003 turnten Kinder vor ihrer PlayStation 2 beim Spiel „EyeToy“. Eine rudimentäre Kamera erfasste ihre Bewegungen, mit denen sie Bretter zertrümmerten oder Feuerwerkskörper in den Himmel schickten. Heute übernimmt das die Augmented Reality: Ob Boxen, Bowling, Tennis oder Basketball – beim sogenannten Exergaming verwandeln innovative Brillen das Wohnzimmer in eine Spielfläche.
Gamification-Elemente bereichern den Sport sogar schon wesentlich länger. Vielleicht trägst du gerade eines davon am Handgelenk: deine Smartwatch. Sie verbindet sportliche Aktivität und Technologie. Du kannst nicht nur an monatlichen Challenges teilnehmen, sondern dich auch mit Aktiven auf der ganzen Welt messen. Oder Freundinnen und Freunde zu Wettkämpfen herausfordern. Ein wenig Wettbewerb im sportlichen Alltag.
Spannend: Technologie bereichert den Sport nicht nur, sie erweitert ihn. Ein Beispiel dafür ist die Sportart Speedgate. Eine KI entwickelte diesen Mix aus Rugby, Krocket und Fußball, nachdem sie mehr als 400 Sportarten und 7.300 Regeln analysiert hatte.
Warum Phygital Sport einen Hype erlebt
Während traditionelle Sportarten wie Fußball oder Basketball an einem stagnierenden Markt knabbern müssen, erlebt Phygital Sport einen deutlichen Aufschwung. Nach Angaben eines US-amerikanischen Marktforschungsunternehmens wuchs der Markt für diese moderne Sportform allein in den vergangenen zwei Jahren um 800 Millionen auf rund 2,4 Milliarden US-Dollar. Die Zukunftsprognosen sind noch rosiger. Bis 2034 erwarten Expertinnen und Experten ein Wachstum auf 13,5 Milliarden US-Dollar.
Überraschend ist das nicht. Die Gesellschaft lebt längst digital. Smartphones begleiten Menschen aller Altersklassen. Dadurch erreichen phygitale Angebote ein breiteres Publikum, insbesondere junge Menschen, die sich für Technik und Gaming begeistern. Über Virtual Reality, soziale Medien oder die Gamification klassischer Sportarten finden sie leichter Zugang zu einem aktiven Lebensstil. Ein Trend, der während der Corona-Pandemie begann. Sportliche Angebote waren rar, stattdessen boomte Gaming. Warum also nicht beides verbinden?
Ein weiterer Wachstumstreiber ist die zunehmende Digitalisierung des Körpers. Für umfangreiche Daten zu deiner sportlichen Leistung hast du deine Smartwatch. Mittlerweile lassen sich Bewegungen aber auch in die digitale Welt übertragen – etwa mit der Radsportplattform Zwift, bei der das Training auf dem heimischen Rollentrainer in Echtzeit auf dem Bildschirm stattfindet. Auch Virtual-Reality-Spiele wie „Beat Saber“ bieten diese neuartige Form der Bewegungserfahrung.
Wo Phygital Sport bereits Realität ist
Phygital Sport mag sich neu und schwer greifbar anfühlen. Doch viele Facetten des digitalen Aktivseins existieren bereits seit Jahren. Lies jetzt, wo Phygital Sport keine Zukunftsvision mehr ist – sondern gelebter Alltag.
Events & Wettkämpfe
Die Fußball-WM hat dich nie interessiert? Dann sind die „Games of the Future“ vielleicht nach deinem Geschmack. Der wohl größte Phygital-Sport-Wettkampf kürt die besten hybriden Athletinnen und Athleten in zahlreichen Disziplinen. Neben Klassikern wie Fußball und Basketball messen sich die Teilnehmenden auch im Phygital Racing an der Konsole und auf der Kartbahn, in Drohnenrennen oder beim Phygital Baseball.
Bereits seit 2020 richtet der Radsport-Weltverband UCI die eCycling World Championships aus. Ein dreistufiges Event, bei dem 100 Radlerinnen und Radler auf dem Rollentrainer wetteifern. Zunächst absolvieren sie ein etwa 14 Kilometer langes, hügeliges Rennen. Die 30 Besten müssen anschließend ihre Kletterqualitäten beweisen und rund neun bergige Kilometer zurücklegen. Auf dem finalen Rundkurs scheidet pro Runde die langsamste Fahrerin beziehungsweise der langsamste Fahrer aus.
Eine ähnliche Symbiose digitaler und physischer Aspekte kreieren moderne Formate wie Hyrox. Ein Mix aus funktionellen Übungen und Ausdauerpassagen. Bei den Wettkämpfen sind alle Teilnehmenden mit einem Chip ausgestattet, der die exakte Zeit trackt. Das ist enorm wichtig. Denn neben den Eventsiegen schielen die Aktiven auch auf die digitale Weltrangliste. Ein weltweiter sportlicher Wettkampf.
Einen besonderen Gamification-Ansatz verfolgt die Kings League. In der Kleinfeld-Fußballliga ergänzen spielerische Elemente den physischen Wettkampf. Durch sogenannte „Power-ups“ zählen etwa Tore doppelt oder der beste gegnerische Spieler muss auf die Bank.

Fitness- und Health-Tech
Wer nicht wetteifern möchte, kann digitale Angebote ganz einfach in den sportlichen Alltag integrieren. Personal Trainer waren gestern. Heute bereichern Smartwatches und smarte Gadgets deine Trainingseinheiten. Besonders Geräte von Garmin prägen den Markt. Herzfrequenzvariabilität, Running Economy oder Schlafanalysen – diese Produkte liefern die entsprechenden Daten sowohl während des Trainings als auch im Alltag. Anhand deiner Werte erhältst du individuelle Trainingsempfehlungen und -pläne. Du trägst deinen Coach und Gesundheitscheck am Handgelenk.
Spannend: Auch Schwimmbegeisterte profitieren vom technischen Aufschwung. Sogenannte Smart Goggles, futuristische Schwimmbrillen, blenden während des Trainings die relevanten Werte direkt ins Sichtfeld ein.
Auch die Gesundheitsbranche digitalisiert sich – besonders die Physiotherapie. Erste Untersuchungen zeigen: Innovationen wie Virtual Reality können Behandlungen deutlich spielerischer und motivierender gestalten. Sogar eine schmerzlindernde Wirkung wird den digitalen Welten nachgesagt.
Fazit: Was bringt die Zukunft?
Was unterscheidet Phygital Sport von kurzlebigen Hypes wie der Audio-App Clubhouse oder den rotierenden Fidget-Spinnern? Anders als diese Beispiele wirkt die Innovation nicht wie ein flüchtiger Hype. Zu überzeugt investieren Marken und Vereine in den technologischen Aufbruch.
Ein Abgesang auf klassische Sportarten ist das jedoch nicht. „Die Digitalisierung und der Sport schließen einander nicht grundsätzlich aus, sie können sich genauso gut komplementieren“, erklärt Trendforscher Tristan Horx. Und ganz gleich, ob du analog oder in einer Mixed Reality trainierst – ohne deinen physischen Körper geht es nicht. Selbst im E-Sport schwören Coaches auf eine angemessene Fitness.
Quellen
- https://www.ispo.com/trends/diese-megatrends-bestimmen-die-sport-welt-der-zukunft
- https://dspkazan.com/en/projects/phygitalgames10/
- https://www.thebusinessresearchcompany.com/report/phygital-sports-global-market-report
- https://projectplay.org/state-of-play-2024-participation-trends
- https://www.boerse-express.com/news/articles/world-phygital-community-kuendigt-globale-qualifikationsturniere-fuer-die-saison-2025-770252
- https://www.portalderwirtschaft.de/sport/396388/phygital-sports-deutschland.html
- https://www.ispo.com/sports-business/lets-get-phygital-wie-hybride-retail-modelle-den-sportmarkt-china-erobern
- https://de.statista.com/infografik/30367/umfrage-zum-sport-treiben-von-kindern-und-jugendlichen-in-deutschland/
- https://market.us/report/phygital-sports-market/
- https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/zukunft-des-sport-entertainments
- https://www.prnews24.com/462943/marcus-meyer-bringt-phygital-sports-nach-deutschland/
- https://www.boerse-express.com/news/articles/world-phygital-community-kuendigt-globale-qualifikationsturniere-fuer-die-saison-2025-770252
- https://www.presseportal.de/pm/175087/5923763
- https://worldphygital.org/
- https://worldphygital.org/phygital-explained/
- https://phygitalinternational.com/about-phygital/
- https://medium.com/@adrian03/phygital-sports-blurring-the-lines-between-virtual-and-physical-competition-97a2fa1a47a4
- https://www.trendingtopics.eu/games-of-the-future-2025-phygital-sportevent-findet-in-abu-dhabi-statt/
- https://www.topendsports.com/sport/phygital-sports.htm
- https://medium.com/@another1_io/the-current-state-of-sports-in-2024-and-the-phygital-transformation-efb7a18b91b2
- http://eng.unn.ru/news2/graduates-of-unn-programme-digital-multiathlon-and-phygital-sports-awarded-diplomas
- https://www.openpr.com/news/4059027/phygital-sports-market-anticipated-to-witness-robust-growth
- https://www.wissenschaftsjahr.de/2019/das-wissenschaftsjahr/da-kommt-ja-kein-mensch-drauf/ki-spielregeln-der-grosse-wurf/index.html
- https://physiotherapeuten.de/artikel/der-einsatz-von-virtual-reality-in-der-physiotherapie/
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