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„Ich habe Diabetes für mich nie als Hindernis gesehen“

Kann man trotz chronischer Erkrankung Spitzenleistungen im Sport bringen? Läuferin und Diabetikerin Alexandra Stumpenhagen zeigt, mit welchen Tricks es funktioniert.

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Als es im Ziel überall um sie herum ganz laut ist, bleibt es in ihrem Kopf ganz still. Geschafft. Durchatmen. Beim Hamburg-Marathon im April 2018 fallen sich die Läufer glücklich in die Arme, als sie nach 21,0975 Kilometern ihr persönliches Ziel erreichen, die Halbmarathon-Distanz. So wie Alexandra, die trotz Diabetes-Erkrankung ihren ganz persönlichen #BeatYesterday-Moment erlebt und zum ersten Mal diese Strecke bewältigt. Ein Jahr zuvor, bei einem Halbmarathon-Wettbewerb in Hannover, hatte ihr der Körper noch rebelliert: „Damals ist mir leider mein Blutzuckerwert entgleist. Ich musste bei Kilometer 13 aufgeben“, erinnert sich Alexandra. Diesmal war alles besser, die Tagesform, das Gefühl – und die Kontrolle über die Macken des eigenen Organismus.

Alexandra – Sportlerin, Ärztin und Patientin

Alexandra war früher Leichtathletin, hat viel getanzt und ist 2013 zum Laufen gekommen. Ihre Spezialität sind die Kurzstrecken von fünf bis zehn Kilometern. Ihre persönlichen Rekorde: 5 km: 21:09 Minuten, 10 km: 44,46 Minuten. Durchschnittliche Pace auf der Anzeige ihrer Garmin Forerunner 735 XT: oft unter fünf Minuten. Bei Instagram hat sie fast 50.000 Follower, bei Asics ist sie im Frontrunner-Team. Hauptberuflich arbeitet sie als Ärztin an der Uni-Klinik Eppendorf in Hamburg und ist im dritten Jahr ihrer Ausbildung zur Fachärztin für Endokrinologie und Diabetologie.

Alexandra hat seit dem 16. Lebensjahr Diabetes mellitus Typ 1, so wie schätzungsweise 300.000 Menschen in Deutschland. Ihr Körper produziert kein Insulin. Das Hormon sorgt im Körper dafür, dass der Zucker aus der Nahrung vom Blut in die Zellen gelangt und damit Energie bereitstellt. Aufgrund des absoluten Insulinmangels, der bei einem Typ-1-Diabetes besteht, müssen Betroffene regelmäßig ihren Blutzucker messen und nach Bedarf Insulin spritzen.

Der Zuckerstoffwechsel kann bei Diabetes mellitus Typ 1 auf zwei Arten entgleisen, entweder durch einen starken Abfall (Unterzuckerung) oder einen zu hohen Anstieg (Überzuckerung) des Blutzuckers.

Alexandra war früher Leichtathletin, hat viel getanzt und ist 2013 zum Laufen gekommen. | © Alexandra Stumpenhagen

Ein Handicap oder eine Krankheit muss nicht das sportliche Aus bedeuten – das beweist auch die Geschichte von Patrick Hagenaars. Er verlor einen Arm und startete eine zweite Karriere auf dem Rad.

Laufen mit Diabetes: Die knifflige Sache mit dem Blutzucker

Auch gesunden Läufern passiert es manchmal: Der Blutzuckerspiegel sackt ab und der Kreislauf fängt an, Probleme zu machen. Während man dies meistens durch eine richtige Ernährung, Traubenzucker, Wasser oder Gels schnell in den Griff bekommt, bleibt die Situation für Alexandra komplexer. Je länger die Distanz, umso genauer muss der Blutzuckerspiegel eingestellt und kontrolliert werden. Mal kann er hochschießen, dann wieder absacken. Im schlimmsten Fall kann es bei einer langfristigen Stoffwechselentgleisung zu einer sogenannten Ketoazidose kommen, die tödlich enden kann.

Alexandras bisherigen Bestleistungen: 5 km in 21:09 Minuten und 10 km in 44,46 Minuten. | © Alexandra Stumpenhagen

Ketoazidose ist nicht zu verwechseln mit Ketose, bei der der Körper eine hohe Anzahl an Ketonkörpern im Blut produziert, um von Kohlenhydrat- auf Fettverbrennung umzuschalten. So sorgt er für eine lückenlose Energiebereitstellung trotz starken Kohlenhydratmangels. Die ketogene Ernährung ist gerade im Trend, da gesunde Menschen vom Effekt der Ketose profitieren, was Körpergewicht und mentale Energie angeht. Da bei einem Typ-1-Diabetiker ein absoluter Insulinmangel herrscht, kommt es zu einem unkontrollierten Anstieg von Ketonkörper im Blut. Auch hier nennt sich das Ganze zunächst Ketose. Erst wenn dieser Zustand längere Zeit unbehandelt anhält – also kein Insulin gespritzt wird – und das Blut durch einen stetigen Ketonkörperanstieg einen sauren pH-Wert hat, spricht man von einer Ketoazidose. Bei gesunden Menschen kann die Ketose nicht in einer lebensgefährlichen Ketoazidose enden, da der Körper trotzdem noch Insulin in geringen Mengen für den Stoffwechsel bereitstellt und die Ketonkörperkonzentration regelt.

Die richtige Vorbereitung für den optimalen Lauf

„Ich muss vorab genau schauen, mit welchem Blutzuckerwert ich ins Training gehe und wie ich die Strecke planen kann. Wie lange bin ich unterwegs? Eine Stunde? Oder länger?“, sagt Alexandra. Immer dabei sind verschiedene Gels und Energiepäckchen, die es fertig zu kaufen gibt, und die den Organismus schnell mit genügend Kohlenhydraten und Zucker versorgen. „Mit den Gels funktioniert das immer sehr gut, weil die Kohlenhydrate den Blutzucker schnell wieder ansteigen lassen, wenn er plötzlich in den Keller rauscht.“

© Alexandra Stumpenhagen

Ernährung mit Diabetes: Strenge Diät muss nicht sein

Einen bewussten Ernährungsplan oder eine strenge Diät hat Alexandra nicht. Sie muss aber genau schauen, welche Kohlenhydrate sie zu sich nimmt und wie diese den Blutzuckerspiegel beeinflussen. „Ich ernähre mich eigentlich ganz normal. Ausgewogen, so wie andere Sportler auch. Es ist nicht so, dass ich nur Salat und Früchte esse, ich gönne mir auch mal ab und zu einen Burger. Vor Wettkämpfen mache ich auch bei der Pasta-Party mit, muss aber checken, dass ich meinen Blutzuckerwert in einer gesunden Balance halte. Stress und Aufregung sorgen dafür, dass der Wert etwas nach oben geht. Wenn er wiederum zu stark absinkt, muss ich 15 Minuten vor einem Rennen vielleicht auch mal etwas essen. Das ist natürlich nicht optimal.“

Bei längeren Strecken muss Alexandra darauf achten, dass sie auch spontan ihren Blutzuckerwert ermitteln kann. „Für die Messung muss ich mir nicht mehr mit einer Nadel in den Finger stechen. Das ist das konservative Bild, was viele noch im Kopf haben. Diese Möglichkeit gibt es zwar, aber ich habe einen Sensor am Arm kleben, der auch eine ganz kleine Nadel hat. Dieser Sensor ist kompatibel mit meinem Handy: Ich brauche es nur daran zu halten und der Blutzuckerwert wird mir auf das Display geschickt. Das dauert keine zwei Sekunden. Beim Halbmarathon hatte ich mein Handy in der Tasche dabei und habe alle vier bis fünf Kilometer gemessen. Leider ist das Prozedere nicht so wirklich planbar, denn der Blutzuckerwert ist immer auch ein bisschen von der Tagesform abhängig.“ Bei jedem Lauf ebenfalls mit im Gepäck sind etwa fünf Gels und der Insulin-Pen, den Alexandra in die Haut stechen kann. Denn sobald sie ihrem Körper Zucker zuführt, muss sie sich auch Insulin spritzen, damit der Zucker verarbeitet und in Energie umgewandelt werden kann.

Immer dabei: Gels und Energiepäckchen, um den Organismus schnell mit Kohlenhydraten und Zucker zu versorgen. | © Alexandra Stumpenhagen

Die Erkrankung muss kein Nachteil sein

Gesundheitliche Beeinträchtigungen müssen Sportler nicht automatisch daran hindern, ihre Bestleistungen abrufen zu können. Der frühere Profi-Fußballer Ivan Klasnic (Werder Bremen) kehrte etwa nach einer Nierentransplantation auf den Platz zurück. Auch die NBA-Basketballer Sean Elliot und Alonzo Mourning setzten nach erfolgreicher Nieren-OP ihre Profikarrieren fort.

Alexandra empfindet ihre Diabetes-Erkrankung nicht als Nachteil: „Ich habe Diabetes für mich nie als Hindernis gesehen, um Sport zu machen. Mittlerweile habe ich einfach gelernt, damit umzugehen, und möchte andere dazu ermutigen, trotz chronischer Erkrankungen ihr Bestes geben zu wollen. Aber klar, es gibt solche und solche Tage. Manchmal läuft alles schief und dann fühlt man sich der Situation ausgesetzt und kann nur wenig machen. In ein tiefes Loch bin ich aber noch nicht gefallen.“ Bei Läufen durch das Naturschutzgebiet in Hamburg-Farmsen holt sie sich mehrmals die Woche Motivation für nächste #BeatYesterday-Momente, was dann mitunter in unkonventionelle Entscheidungen mündet, etwa Anfang Juli 2018, als sie kurz entschlossen beim Hella-Halbmarathon in Hamburg mitlief. „Meine Schwester und ich haben uns einen Tag vor dem Wettkampf noch ganz spontan angemeldet und sind nur so aus Spaß mitgelaufen. Da ging es für uns nur um den Spaß und nicht um Leistung.” Ihre Zeit im Ziel: 1:50 Stunden. Über ihren Instagram Account teilt sie die Freude am Laufen und motiviert Läuferinnen und Läufer dazu, immer an ihren Zielen festzuhalten, nicht aufzugeben und Spaß dabei zu haben – auch, wenn es mit einer chronischen Erkrankung, wie dem Diabetes, nicht immer einfach ist.

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