Body & Soul

Nachgefragt: Gesundheitstipps von einer TCM-Expertin

Eine Ärztin verrät im Interview die besten Tricks der Traditionellen Chinesischen Medizin, mit denen du dein Immunsystem stärkst. So kommst du gesund durch Herbst und Winter.

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Die Traditionelle Chinesische Medizin ist das ganzheitliche Konzept einer Regulationsmedizin. Mit dem Ziel, die Dinge, die aus dem Gleichgewicht geraten sind, wieder in Balance und somit in einen harmonischen Fluss zu bringen. Qi wird in der TCM als die Lebenskraft, die Lebensenergie, bezeichnet. Wenn viel davon vorhanden ist und sie frei fließen kann ist der Körper stark und gesund. Wird sie blockiert, kommt es zu Funktionsstörungen. Weiterhin folgt die TCM auch der Grundlehre des Yin und Yang. Du kennst sicher das Zeichen, in dem das weiße Yang (steht für hell, hart, heiß, männlich, aktiv, Bewegung) und das schwarze Yin (dunkel, weich, kalt, weiblich, passiv, Ruhe) eng miteinander verschlungen sind. Auch diese Polaritäten, die sich ergänzen, müssen laut TCM immer in der Balance sein. Ist von einem Teil zu wenig vorhanden, wird er gezielt gestärkt.

Wie diese traditionelle Sichtweise dir dabei helfen kann, auf natürliche Weise dein Immunsystem zu stärken und somit Erkältungskrankheiten vorzubeugen, oder akut zu behandeln, erklärt Dr. med. Cornelia Böttcher im Interview.

BeatYesterday (BY): Was passiert aus Sicht der TCM im Körper, wenn er eine Erkältung hat?

Cornelia Böttcher (CB): Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin sind Erkältungen durch das Eindringen von „Wind“ und „Kälte“ bedingt, wie das Wort Erkältung ja auch bereits andeutet. Schließlich entsprechen die klassischen Symptome – rote Augen, laufende Nase, Frösteln – jemandem, der „in den Wind“ gekommen ist. Die TCM geht in diesem Fall davon aus, dass die Lebenskraft, die außen am Körper läuft und normalerweise eine Abwehrbarriere schafft, geschwächt ist. Dadurch kann Kälte eindringen. Diese blockiert den Fluss der Lebenskraft, was zur Folge hat, dass Körperfunktionen gestört werden. Der Therapieansatz wäre daher, einerseits die Qi-Energie zu stärken und zudem die Kälte aus dem Körper zu schaffen.

Langsame, meditative Bewegungen halten die Lebensenergie Qi im Fluss. I © iStock.com/malardj

BY: Die gesündere Alternative zu Grippeimpfung: Wie kann man mithilfe der TCM das Immunsystem stärken und Winterkrankheiten vorbeugen?

CB: Man sollte immer darauf achten, dass man eine ausreichende Versorgung mit Qi hat. Die drei wichtigsten Säulen dafür sind:

  1. Schlaf: Tagsüber wird das Qi verbraucht und nachts wieder „aufgefüllt“. Insbesondere der Schlaf vor Mitternacht wird in der TCM als sehr wichtig angesehen, da in dieser Zeit die beste Regeneration stattfindet.
  2. Ernährung: Auch über die Ernährung kann man die Qi-Lebenskraft wieder aufbauen, eine Qi-reiche Ernährung bedeutet vorrangig frisch zu kochen, idealerweise aus saisonalen und regionalen Produkten.
  3. Bewegung: In vielen chinesischen Parks treffen sich Menschen morgens zum Qigong oder Tai-Chi, also den langsamen Bewegungsübungen. Denn über den Atem kann ebenfalls neue Lebenskraft in den Körper aufgenommen werden, durch die Bewegungen wird sie zudem im harmonischen Fluss gehalten. Jede andere Sportart ist genau so geeignet, wichtig ist nur, dass man sich morgens – idealerweise an der frischen Luft – bewegt und den Qi-Fluss anregt.

BY: Welche Lebensmittel sind laut der Yin & Yang-Ernährungslehre im Herbst und Winter besonders geeignet, um den Körper zu stärken?

CB: Kalte Gerichte und Rohkost sind laut TCM für Herbst und Winter nicht geeignet, weil der Körper sehr viel Energie braucht, um diese auf Körpertemperatur zu erwärmen. Unabhängig von der Temperatur der Speisen werden alle Nahrungsmittel laut Ernährungslehre in warm und kalt unterteilt, die Kategorisierung bezieht sich auf deren energetische Wirkung: Isst man beispielsweise eine Chili, wird einem warm und man gerät ins Schwitzen. Auch mit dieser Dynamik kann man Einfluss auf die Bewegung des Qi nehmen. Da es bei einer Erkältung darum geht, die eingedrungene Kälte wieder hinaus zu befördern, sind warme Gewürze und Nahrungsmittel ideal, wie etwa Ingwer, Meerrettich oder auch Thymian – letzterer hilft als aufgekochter Tee übrigens super bei Husten. Auch Zimt und alle Weihnachtsgewürze sind laut TCM als warm klassifiziert. Darüber hinaus würde ich im Winter Äpfel und Birnen sowie Wurzel- und Knollengemüse wie Sellerie, Karotten, Kartoffeln und Zucchini mit Knoblauch empfehlen. Kürbis hat zudem einen ausleitenden Aspekt, er kann Schlackenstoffe aus dem Körper befördern. Obwohl viele Menschen bei Erkältungen aufgrund des hohen Vitamin C Gehalts zu Orangen und Zitronen greifen, haben Zitrusfrüchte laut TCM eine kühlende Wirkung auf den Körper, daher würde ich davon abraten.

Der richtige Tee lindert laut TCM eine Erkältung schneller. I © iStock.com/chinaview

BY: Welche weiteren Behandlungsmöglichkeiten gibt es in der TCM für Erkältungskrankheiten?

CB: Mit der Akupressur kann man, genau so wie mit der Akupunktur, Einfluss auf das harmonische Fließen von Qi in den Leitbahnen nehmen. Das heißt: Wenn die Nase verstopft ist, kann man bei sich selbst eine Akupressur machen. Dafür legt man einfach zwei Finger seitlich neben die Nasenflügel und massiert den Punkt. Es wirkt prompt, die Nase ist sofort wieder frei.

Gua-Sha ist zur Behandlung von Erkältungen ebenfalls ideal. Das ist eine einfache Schabetechnik, bei der traditionell mit einem chinesischen Suppenlöffel gearbeitet wird. Man schabt über die Haut, wobei sich eine gerötete Fläche mit kleinen roten Punkten bildet. Auf diese Weise wird die Kälte und all das, was im Körper nicht gebraucht wird, an die Oberfläche gebracht und ausgeleitet. So geht’s: Statt Suppenlöffel kannst du auch den Deckel eines Marmeladenglases benutzen, der liegt gut in der Hand. Bitte dann deinen Partner, beginnend vom Hals in Richtung Schulter über die Nackenmuskulatur zu schaben. Zuerst entsteht eine leichte Rötung, dann die kleinen Punkte. Diese Bewegung macht ihr so lange, bis keine neuen Pünktchen mehr entstehen. Keine Sorge, sie bilden sich nach Stunden/Tagen von alleine wieder zurück. Nach der Behandlung warm einpacken und ins Bett gehen.

BY: Für wen ist die TCM grundsätzlich eine sinnvolle Alternative?

CB: Die Stärke der Traditionellen Chinesischen Medizin ist es, Funktionsstörungen zu behandeln, die noch nicht im strukturellen Bereich liegen, sodass die westliche Medizin sie messen könnte. Darunter versteht man “Befindlichkeitsstörungen”, die meist (noch) keine nachweisbar körperliche Ursache haben und oft als “psychosomatisch” betitelt werden. Die TCM ist deshalb beispielsweise sinnvoll bei einem Reizdarm-Syndrom, Allergien oder unspezifischen Schmerzen aller Art und Befindlichkeitsstörungen – wenn Menschen spüren, dass irgendetwas nicht stimmt, sie schlecht schlafen oder ständig schlapp sind. Hier hat die TCM – anders als die westliche Medizin – bereits sehr früh Möglichkeiten zur Diagnose. Auch für Babys und Kleinkinder ist die Traditionelle Chinesische Medizin sinnvoll, da sie sich noch sehr gut regulieren und vieles bereits durch einen kleinen Anstoß wie eine Massage oder einen entsprechenden Tee zu beheben ist. Grundsätzlich empfehle ich, beide Behandlungsansätze miteinander zu verbinden, da sie sich sinnvoll ergänzen.

Über Dr. med. Cornelia Böttcher


Dr. med. Cornelia Böttcher ist Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin mit dem Schwerpunkt Therapie chronischer Schmerzen. Sie absolvierte ihre Ausbildung in TCM parallel zu ihrem klassischen Medizinstudium in München und Peking. Dr. Cornelia Böttcher lehrt das Fach Akupunktur unter anderem bei der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur. Sie arbeitet in eigener Privatpraxis in Gröbenzell bei München. Ihren Ratgeber „TCM für Einsteiger – Das Praxisbuch zur Selbstbehandlung“ findest du hier. Im Dezember 2018 erscheint ihr neuestes Buch: Das TCM-Praxis-Buch (BLV)

© Cornelia_Böttcher

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