Running

Profi wird Vater – wie wirkt sich Nachwuchs aufs Training aus?

Schlaflose Nächte und keine Power mehr fürs Lauftraining? Wo ein Wille ist, da ist bekanntlich auch ein Weg. Das weiß auch Ultrarunner Flo Neuschwander.

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Heute Morgen ist er dann doch mal liegen geblieben. Eigentlich wollte Flo Neuschwander Laufen gehen, aber er war einfach viel zu müde. Jeder, der ein (kleines) Kind und unruhige Nächte zuhause hat, kennt dieses bleierne Gefühl irgendwo zwischen Kater, Rausch, Kribbeln und Antriebslosigkeit. Der Unterschied: Der 36-Jährige hat ohnehin schon ziemlich viel Energie in sich, um die Folgen des holprigen Schlafs zu kompensieren. Kann man das irgendwie lernen?

Der Weg ist das Ziel

Gestatten, Flo Neuschwander. Einer der bekanntesten Läufer Deutschlands, vor allem einer der erfolgreichsten. Ein paar seiner Bestzeiten im Überblick: Halbmarathon 1:06:20, Marathon 2:20:29, 100-km-Straßenlauf: 6:49:13. Er liebt vor allem die extralangen Distanzen. Im vergangenen Februar gewann er sein erstes 100-Kilometer-Rennen im kalifornischen Malibu. Und das, obwohl er 2017 zum ersten Mal Vater geworden ist. Oder muss man sagen: Er hat gewonnen, weil er Vater geworden ist? Haben ihn die anhaltenden Vaterfreuden womöglich eine Extraportion Ausdauer und Schnelligkeit verliehen?

„Windeln wechseln, füttern, das volle Programm“

Vatersein beflügelt, so geht es auch dem Mann mit der Brille und dem markanten Schnauzer. Vor sechs Monaten kam Tochter Fritzi auf die Welt. Während bei anderen Jungeltern die komplette Welt auf den Kopf gestellt wird, scheint das Leben bei Neuschwander und seiner Freundin tagsüber relativ normal weiterzugehen, mit Ausnahme von den Nächten. Tochter Fritzi wird „gerne bis zu fünf Mal wach“, während der Papa nicht ins Wohnzimmer ausbüxt, sondern solidarisch ist und im gemeinsamen Schlafzimmer bleibt: „Ich leide mit und versuche zu helfen wo ich kann, stehe nachts auf, hole Windeln, füttere sie. Das volle Programm“, sagt er.

Weniger Schlaf, weniger Leistung?

Genügend Schlaf ist bekanntlich eine solide Grundvoraussetzung für körperliche Extremleistungen, doch bei dem Ultrarunner zeigt der Mangel bislang keine große Beeinträchtigung in der Trainingsmotivation:

Manchmal fällt eine Einheit aus, weil ich zu müde bin oder weil ich mich um meine Tochter kümmere, aber die hole ich dann später am Tag nach. Im Training merke ich den Schlafmangel nicht, dann bin ich im Flow, aber im Alltag fühle ich mich schon öfter mal müde. Optimal ist immer ein Mittagsschlaf an der Seite meiner Tochter. Manchmal klappt’s, manchmal nicht.

Auch sein Trainingspensum hat er bislang nicht umgestellt. Vor Wettbewerben kommt er immer noch locker auf 150 Kilometer pro Woche.

Baby-Pause vor Wettbewerben

Jeder Marathon- oder Extremläufer hat es wahrscheinlich schon mal erlebt. In den Nächten vor dem Event schläft man ohnehin schlecht, weil man schlichtweg aufgeregt ist. Die Vorfreude und der Adrenalinpegel in Kombination mit der Anfeuerung an der Strecke können die Folgen des Schlafmangels in der Regel kompensieren – ausruhen kann man sich ja auch später noch. Bei Neuschwanders 100-km-Sieg in Malibu bliebenFrau und Kind noch Zuhause in Hessen. Um sich zu akklimatisieren, reiste er sechs Tage vorher an – und ging dann perfekt ausgeruht an den Start. Grundsätzlich die richtige Herangehensweise, trotzdem kommen Neuschwander einige Zweifel: „Ich weiß nicht, wie es anderen Vätern geht, aber ich habe oft ein schlechtes Gewissen, wenn ich Laufen gehe oder für ein paar Tage unterwegs bin. Ich weiß ja, dass meine Tochter nachts vier bis fünf Mal wach wird – und meine Freundin ist dann alleine zuhause und muss aufstehen.“

Wie viel Schlaf muss sein?

Jeder Spitzensportler hat sein eigenes, ganz spezielles Rezept für die Nachtruhe. Björn Borg, fünfmaliger Wimbledonsieger, pegelte die Schlafzimmertemperatur stets exakt auf 19 Grad ein und legte sich nackt ins Bett. Roger Federer, bester Spieler aller Zeiten und aktuelle Nummer eins der Weltrangliste, schläft jede Nacht exakt zehn Stunden, um perfekt ausgeruht zu sein. Und das, obwohl ihn seine vier Kinder meistens auf Tour begleiten.

Schlaf ist für jeden Sportler unverzichtbar, die Länge und die Tiefe der Schlafphasen aber individuell verschieden. Der Schlafpsychologe Prof. Dr. Günther W. Amann-Jennson sagt: „Das Schlafverhalten ist eine entscheidende Komponente, um nach einem Training oder Wettkampf das optimale Leistungsniveau wieder herzustellen oder auch um die sportliche Leistung weiter zu steigern. Die notwendige Schlaflänge steigt mit den Erwartungen der psychischen sowie physischen Belastungen. So benötigt ein aktiver Spitzensportler nach einem anstrengenden Training oder Wettkampf durchschnittlich zwei zusätzliche Stunden Schlaf pro Nacht. Und dies vorzugsweise unter idealsten Schlafbedingungen.“

Kinder halten fit – auch ohne Nachtruhe?

Florian Neuschwander hat sich längst arrangiert:

Früher bin ich eingeschlafen und erst um 10 Uhr wieder aufgewacht. Heute ist mein Schlaf viel flacher geworden, jetzt wache ich automatisch um 6 Uhr auf.

Trotzdem bleiben Fitness und die Motivation auf einem hohen Level, solange man mental eine gute Performance zeigt. Viele Leistungs- und Hobbysportler mit Babys zu Hause nutzen die Trainingseinheit primär dafür, um auch mal einen gesunden Break zu bekommen. Kneipenabend mit den besten Freunden? Männerwochenende mit den Jungs? Fast jede Laufeinheit hat auf psychologischer Ebene die gleiche Wirkung. Oder wie der japanische Schriftsteller Haruki Murakami in seinem Buch „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“ schreibt: „Beim Laufen gelingt es mir, mich mental zu entleeren und an nichts zu denken.“

Babys beim Sport dabei

Laufen ist der perfekte Sport, um den Nachwuchs mitzunehmen. Jeder kennt die ambitionierten Jogger, die ihr Kind im robusten Buggy vor sich herschieben. Kind schläft, Mama oder Papa läuft, Win-win-Situation. Die wichtigste Regel dabei: Babys dürfen erst ab dem ersten Lebensjahr mitgenommen werden, weil vorher die Wirbelsäule noch nicht genügend ausgewachsen ist, um Stöße vom Boden zu kompensieren und abzufedern. Auch Florian Neuschwander freut sich schon darauf, wenn es im Herbst zum ersten Mal auf gemeinsame Vater-Tochter-Tour geht: „Ich würde sie mitnehmen, aber nur wenn sie auch Bock hat. Das muss sie ja entscheiden, aber ich fände es natürlich cool, wenn sie mitmacht.“

Über Ostern ist Neuschwander für ein zweiwöchiges Trainingslager ins Tramuntana-Gebirge nach Mallorca gereist, um dort möglichst viele Höhenmeter abzureißen. Für die kleine Fritzi war es der erste Flug.

© Florian Neuschwander/privat

Weitere Laufevents für den Ultrarunner sind der „Wings For Life World Run“ am 6. Mai in München, der Rennsteig-Lauf in Thüringen (73,5 Kilometer) und sein „persönliches Highlight“, der „Western States“-Lauf am 23. Juni in Kalifornien, wo er sein erstes 100-Meilen-Rennen laufen wird. Die Strecke ist nicht nur knapp 160 Kilometer lang, es geht auch 5.000 Höhenmeter bergauf und 8.000 bergab. Sind Freundin und Kind dann wieder dabei? „Ach, das schauen wir dann mal. Wir lassen das entspannt auf uns zukommen“, sagt Neuschwander entspannt. Sein Motto lautet nicht umsonst „Run with the Flow“.

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