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Teichmann wandert #5: Wenn es Glück regnet

Der Regen kann der ärgste Feind eines wandernden Fotografen sein – oder der beste Freund. Andreas Teichmann erlebte beides und schoss sein Foto des Jahres. Kolumne 5: über seltenes Glück.

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Ort: Hohburkersdorf
Bundesland: Sachsen
Koordinaten: 50°59’35.6″N 14°04’28.5″E

Ich war durchnässt. Die Stadt Köln hatte mich zu Beginn meiner West-Ost-Wanderung mit reichlich Regen beschenkt. Sehr viel Regen. So viel Regen, dass mein Smartphone nicht mehr funktionierte. Ich brauchte aber mein Handy.

Mein Smartphone war mein mobiles Büro. Auch wenn ich 50 Tage die Freiheit des Wanderns genießen durfte, bedeutete das nicht, dass ich keinen Draht mehr zur Zivilisation brauchte. Als selbstständiger Fotojournalist muss ich immer erreichbar sein, Mails schreiben, mich um Alltägliches kümmern. Dazu, noch viel wichtiger, den Kontakt zur Familie halten. Das Smartphone verband mich mit meinem zurückgelassenen Leben und navigierte mich gleichzeitig in die Zukunft. Jetzt aber nicht mehr. Es war kaputt. Vom Regen durchdrungen. Kein Leuchten mehr, keine Chance auf einen Anruf, eine Nachricht. Alles schwarz.

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Abhängig von der Technik

In diesem Moment merkte ich, wie abhängig der Mensch von der Technologie geworden ist. Ich war mitten im Kölner Stadtwald, in der Zivilisation, nicht ausgesetzt im Nirgendwo. Ich wollte bei einem Freund übernachten, doch ich wusste nicht, wie ich zu seiner Wohnung kommen sollte. Es ist besonders problematisch, wenn man sich während eines ausdauernden Regengusses verirrt. Nur wenige Menschen sind auf den Wegen mit Fahrrad oder zu Fuß unterwegs. Das Leben zieht sich zurück. Es verging seine Zeit, bis ich einen Jogger traf, den ich nach dem Weg fragen konnte. Der Mann hatte keine guten Neuigkeiten. Es war noch ein ganzes Stück, einige Kilometer.

In einem Kiosk ließ mich der Inhaber das Telefon benutzen. Das nächste Problem: Wer kennt die Nummern von Freunden auswendig? Oder hegt die Kontakte in einem Notizbuch? Ich jedenfalls nicht.

Über einige Umwege kam ich bei meinem Freund an. Er hatte sich Sorgen gemacht. Ich war später dran, hatte mich nicht gemeldet, war nicht zu erreichen. Mein Handy, meinen wichtigsten Begleiter, bettete ich sofort weich und trocken in einer Schale Reis. Der sollte dem Telefon die Feuchtigkeit entziehen. Das klappte nicht, ich brauchte ein neues Gerät. Zum Glück erwischte mich der Regen in der einzigen Stadt auf meiner Route, in der ich einen passenden Handy-Store aufsuchen konnte.

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Nasse Socken sorgen für fiese Blasen

Die Feuchtigkeit von oben kann Wanderer auf einer Reise zermürben. Besonders auf meinen langen Reisen über 50 und 51 Tage barg der Regen einige Gefahren. Wenn er mich untertags aufweichen würde, gibt es mitten in der Natur selten verlässliche Unterschlüpfe. Ich würde viele Stunden durchnässt herumziehen. Ein Risiko für eine Erkältung, und mein Zeitplan sah keine Krankentage vor. Nasse Socken erhöhen die Wahrscheinlichkeit, fiese Blasen an den Füßen zu bekommen. Und als Fotograf habe ich technisches Equipment dabei, Laptop, Kamera, Stativ, meine berufliche Existenz. Ich muss mich und die Technik schützen. Meine Jacke war wasserdicht, die Geräte einfoliert und in einem regensicheren Rucksack verborgen.

Der Regen kann die eigenen Nerven zermahlen. Er kann aber auch reich beschenken. Jetzt endlich komme ich zu diesem Foto. Aufgenommen habe ich es in der Sächsischen Schweiz bei Hohburkersdorf, unweit des ehemaligen Deutschlandrings, einer seit Jahrzehnten abgerissenen Rennstrecke. Tag 46, kurz vor dem Ende der Reise. Auf einer kleinen Erhebung sank mein Blick ins freie Feld. Regen und Trockenheit hatten sich über den Tag abgewechselt. Nun sah ich, gegen den Wind stehend, wie sich eine atemberaubende Regenwolke flach über das Land schob. Genau auf mich zu.

Der Wandertipp:

Unbedingt auf das Schuhwerk achten. Die Wanderschuhe sollten robuste Sohlen haben und über den Knöchel ragen, vor allem wasserdicht und atmungsaktiv sollten sie sein, aber nicht aus Leder. Wenn Lederschuhe einmal nass werden, brauchen sie ewig, um zu trocknen.

Und: Bitte wichtige Telefonnummern auf langen Wanderungen auch analog ins Notizbuch notieren.

Am richtigen Ort

Ich hatte während meiner Reise viele kleine wundervolle Naturphänomene erspähen dürfen. Die meisten verschwanden so rasch, wie ich sie erblickt hatte. Viele Fotografen kennen das: Durch einen besonderen Lichteinfall, Dunst oder Nebel entsteht ein einmaliges Motiv. Doch ist die Technik endlich ausgepackt, ist das Phänomen für immer verschwunden. Ich überlegte kurz und entschied: Ich gehe das Risiko ein, dass mich diese Wolke duschen könnte. Hastig entpackte ich die Technik. Zwei Minuten brauchte ich, bis alles stand, inzwischen war ich schnell beim Aufbauen. Das Motiv war noch nicht verschwunden. Ich war zur rechten Zeit am richtigen Ort. Wanderglück.

Schon öffneten sich vor mir, mit einigem Sicherheitsabstand, alle Schleusen. Deshalb heißt es Wolkenbruch. Ein Elefantenfuß von Regen ergoss sich über ein Fleckchen Erde. Die partiellen Grenzen des Regengusses sind genau zu erkennen. Auf der einen Seite ist es trocken, auf der anderen ertrinkt die Welt.

Regen ist wunderschön

Nie zuvor hatte ich einen solchen Regenschauer so im Detail mit eigenen Augen gesehen. Jetzt hatte ich ihn für ewig auf Bild. Diese Aufnahme wurde eine meiner liebsten in meiner bisherigen Zeit als Fotograf, und es gibt sie als zwei Quadratmeter großen Druck in meiner Ausstellung zu sehen. Die Abbildung ist so scharf, dass man glaubt, einzelne Tropfen erkennen zu können. Regen kann für Wanderer ein erbitterter Gegner sein. Oder wunderschön.

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