Body & Soul

Biologisches Alter: Wie alt bist du wirklich?

Schon mit kleinen Anpassungen deiner Gewohnheiten kannst du dein biologisches Alter minimieren und deinen Sterbezeitpunkt hinauszögern – angeblich. Eine persönliche Selbsteinschätzung eines #BeatYesterday.org-Redakteurs.

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Wie alt bin ich?

Normalerweise kann jeder diese Frage leicht beantworten. Manchmal sogar auf die Minute genau, wenn die Eltern den Geburtspass sorgsam aufgehoben haben. Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Textes bin ich etwa 231.915 Stunden und 56 Minuten alt. Also etwas über 26 Jahre.

Diese Zahl steht auf dem Papier, mein Geburtsdatum im Ausweis. Doch jeder Mensch hat nicht nur ein biografisches, sondern auch ein biologisches Alter. Viele sagen an dieser Stelle: „Man ist so alt, wie man sich fühlt.” Aber es geht viel genauer dank unserer biologischen Werte.

Sportler, die sich regelmäßig bewegen, haben ein gut trainiertes Herz. Das macht jünger. Wer seine Gelenke hingegen durch eine permanente Überbelastung schädigt, kann Jahre verlieren. Faktoren wie Ernährung, Fitness, Alkoholkonsum, Rauchen und Bewegungsgewohnheiten verschieben unser biologisches Alter nach oben oder nach unten. Sogar unser allgemeines Lebensglück beeinflusst unser sogenanntes Biological Age. Fast wie DJs können wir an den Reglern drehen.

Warum das biologische Alter messen?

Auf das Thema „biologisches Alter” bin ich in Amsterdam gekommen. Ich war auf dem Garmin Health Summit, einem Kongress von Technologie- und Gesundheitsexperten. Die Unternehmerin Brona Magee hielt dort einen Vortrag über unseren „Life Score” und erklärte, wie wir mithilfe von Daten unseren biologischen Zustand erfassen können. Also wie fit unser Körper ist und wie gut unser Organismus funktioniert. „Durch die Beeinflussung unseres Lebensstils können wir uns Zeit schenken. Tägliche Entscheidungen prägen unser gesamtes Leben”, sagte Magee auf der Bühne.

Das Thema Unsterblichkeit fasziniert die Menschen seit Jahrhunderten. Alchemisten schrieben schon im Mittelalter über lebensverlängernde Elixiere. Heute prognostizieren Wissenschaftler, dass der Mensch irgendwann 140 Jahre alt werden könnte. Theoretisch. Ich bin bei solchen Schlagzeilen skeptisch.

Mit dem Versprechen vom längeren Leben verbinde ich Scharlatanerie. Die verzweifelte Sehnsucht der Menschen nach zusätzlicher Lebenszeit wird oft von zwielichtigen Unternehmen ausgenutzt. Manche Menschen bezahlen beispielsweise viel Geld, um ihre Körper nach dem Tod einfrieren zu lassen. Weil sie hoffen, dass man die leblosen Hüllen irgendwann auftauen und mit neuem Leben füllen kann. So als ob man bei einem Handy den kaputten Akku austauscht.

Lebensversicherungen nutzen Life Scores

Der referierenden Brona Magee hörte ich bei diesem Thema aufmerksam und vor allem offen zu. Magee arbeitet für ein internationales Unternehmen, das sich auf die Rückversicherung von Lebenspolicen spezialisiert hat. Ähnlich wie bei Glücksspielen, bei denen der Volksmund sagt, dass die Bank am Ende immer gewinne, machen demnach auch die Versicherungen mit der genauen Auswertung von Daten und Statistiken ihre Geschäfte. Umso präziser sie den gesundheitlichen Zustand der Versicherungsnehmer kennen, desto treffender sind ihre Kalkulationen. Das mag für manche ethisch fragwürdig erscheinen, aber dass Versicherungen das biologische Alter ernst nehmen, sagt mir, dass an diesem Thema etwas dran ist.

Ich frage mich also: Wie alt bin ich biologisch und was sagt das über mich aus?

Jörn Watzke ist bei Garmin Health unter anderem für das Thema biologisches Alter verantwortlich.
Jörn Watzke ist Senior Director bei Garmin Health Global Business und unter anderem für das Thema biologisches Alter verantwortlich. © Garmin Health

Experten-Interview mit Jörn Watzke über Biological Age


Jörn Watzke ist einer der Experten bei Garmin Health, die Gesundheit und Technologie auf den modernen Sport- und Lifestyle-Uhren verzahnen. Watzke, leidenschaftlicher Freizeitsportler, ist nach eigenen Angaben „biologisch” zehn Jahre jünger. Aber was bedeutet das?

#BeatYesterday.org: Jörn, du bist nach eigenen Angaben biologisch zehn Jahre jünger, also knapp 40. Welchen Einfluss hat das auf die Lebenserwartung?

Jörn: Auch wenn ich laut meinen medizinischen und sportlichen Werten knapp 40 bin, ist das keine Garantie, dass ich am Ende zehn Jahre länger leben werde. Es geht um Wahrscheinlichkeiten. Es gibt eine Tabelle, die sogenannte Sterbetafel, die je nach Lebensort und Geschlecht die Sterbewahrscheinlichkeit pro Alter angibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in meinem 50. Lebensjahr sterbe, beträgt etwa 0,5 Prozent. Dagegen sinkt dieser Wert für einen biologisch 40-Jährigen auf 0,2 Prozent. Natürlich kann ich trotzdem schon morgen einen Herzinfarkt erleiden, einen Unfall haben oder unheilbar an Krebs erkranken. Durch meinen Lebensstil kann ich aber die statistischen Chancen erhöhen, damit genau das nicht passiert.

#BeatYesterday.org: Wie valide sind die Theorien des biologischen Alters?

Jörn: Die ersten Versicherungen arbeiten mit diesen Werten. Das würden diese Unternehmen nicht tun, wenn es dafür keine fundierte Grundlage gäbe. Die Modelle zum Biological Age beruhen auf diversen Studien und Statistiken. Wir können ihnen vertrauen, wenngleich es immer Optimierungspotenziale gibt.

#BeatYesterday.org: Wie können wir unser biologisches Alter am stärksten beeinflussen?

Jörn: Neben mehr Bewegung und einer gesünderen Ernährung ist vor allem das Rauchen entscheidend. Wer als Raucher bis zum 35. Lebensjahr aufhört damit und etwa 15 Jahre nicht qualmt, kann den entstandenen Schaden sogar annähernd wiedergutmachen. Das zumindest legen das Studien nahe.

#BeatYesterday.org: Was verraten Garmin-Connect-Daten über unser biologisches Alter?

Jörn: Wir können auf Garmin Uhren sehr valide das sogenannte Fitnessalter angeben. Dieses beruht auf dem Fitnesslevel der VO2max und ist ein Maß für die kardiorespiratorische Fitness. Diese beschreibt die Fähigkeit unseres Kreislauf- und Atmungssystems, die Skelettmuskulatur bei anhaltender körperlicher Aktivität mit Sauerstoff zu versorgen. Studien haben gezeigt, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der VO2max und der individuellen Sterbewahrscheinlichkeit gibt.

Weitere relevante Daten für das biologische Alter, die Nutzer mit Garmin erfassen können, sind etwa der Ruhepuls, die aufgezeichneten Leistungsdaten während der sportlichen Belastungen, die Schlafgewohnheiten sowie die tägliche Schrittzahl und unser Stresslevel. Was fehlt, sind medizinische Daten wie die Cholesterinwerte. Außerdem könnten die Garmin-Nutzer theoretisch ihre Lebensgewohnheiten erfassen. Aber wir kennen es ja selbst: Bei manchen Angaben wie dem Alkoholkonsum halten wir uns nicht immer an der Wahrheit. Diese ist aber Bedingung für valide Daten.

Biologisches Alter: eine erste Online-Evaluierung

Zurück daheim mache ich einen Online-Test auf der Website einer bekannten deutschen Krankenkasse. Die Inventur meines Alltags steht an. Wer eine erste „halbwegs“ realistische Einschätzung zum persönlichen biologischen Alter haben will, muss blankziehen. Fragen zu sechs Themenfeldern gilt es möglichst wahrheitsgemäß zu beantworten.

1. Die gesundheitliche Vorgeschichte der Familie

Mein Vater starb mit 26 an Krebs. Meine Oma mütterlicherseits erwischte ein rasch wachsender Tumor in der Lunge. Oma war Nichtraucherin. Nicht gut. Vorerkrankungen im nahen Familienumfeld sagen etwas über unseren Genpool und unsere Anfälligkeit für Krankheiten aus. In der biochemischen Lotterie des Krebskriegens habe ich vermutlich ein paar Lose mehr als andere gezogen. Zumindest beruhigen Erkenntnisse aus der Zwillingsforschung. Angeblich wird die Geschwindigkeit unseres Alterns nur zu 20 Prozent von den Genen beeinflusst. Der Rest ist persönliche Verantwortung.

2. Unsere Ernährungsgewohnheiten

Viel Gemüse, Obst und Fisch sind gut. Viel Wurst und Fleisch eher schlecht. Fisch ist für den Körper besonders wichtig, er liefert uns Omega-3-Fettsäuren. Diese Fette versorgen unseren Körper mit dem unbedenklichen HDL-Cholesterin. Anders als das LDL-Cholesterin verkalken diese Stoffe nicht unsere Arterien. Außerdem sorgt das HDL-Cholesterin dafür, dass die Blutfette zur Leber transportiert und dort abgebaut werden können.

Ich liebe Fisch. Als Kind der Küste war das Superfood Hering Teil meines Heranwachsens. Doch mir wurde von den Eltern der Irrglaube eingebläut, dass man guten Fisch nur direkt an der Küste bekommt. Dort wohne ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Das zweite Problem: Meine Mutter führt eine Fleischerei, die mich quasi per Pipeline mit Salami und Schinken versorgt. Mein BMI ist demnach nicht mehr der beste.

3. Unser Konsumverhalten

Alkohol, Rauchen, ausgiebiges Sonnenbaden – alles ist im Übermaß massiv gesundheitsgefährdend. Das exzessive Sonnen zerstört Hautzellen und ist so Wegbereiter einiger schwerer Erkrankungen. Zigarettenkonsum teert die Lungen und schwächt den gesamten Organismus. Alkohol mag Momente der Euphorie begünstigen, tötet aber vor allem Zellen ab. Ich brutzle weder gern in der prallen Sonne, noch rauche ich. Aber ein Feierabendbier weniger wäre trotzdem nicht schlecht.

4. Unsere regelmäßige Bewegung

Früher lief ich etwa 50 Kilometer in der Woche und stemmte fleißig Eisen im Fitnessstudio. Aber seitdem der Job den Alltag dominiert, sind meine Bewegungsrationen merklich geschmolzen. Dabei ist ein aktiver Lebensstil mit mindestens drei Sport- oder Bewegungseinheiten pro Woche enorm förderlich für unsere biologische Jugend. Wer sich seltener bewegt, erhöht die eigene Sterbewahrscheinlichkeit.

5. Schlaf, Stress und Lebensglück

Hier kommen die Daten von meiner Garmin Uhr ins Spiel: Ich schlafe manchmal wenig und nicht immer gut. Im Schnitt keine sieben Stunden pro Nacht. Das ist zu wenig. Mein Stresslevel ist nicht nur auf Arbeit hoch, sondern erreicht besonders am Wochenende, wenn eigentlich Erholung ansteht, hohe Werte. Während des Fußballsamstags und des Footballsonntags glühe ich unter Daueranspannung.

Lebensglück: Ich bin zufrieden, wie es läuft. Und: In den letzten zweieinhalb Jahren fehlte ich nur drei Tage auf Arbeit. Mein Immunsystem kann so schlecht nicht sein.

6. Messbare biologischen Daten

Meine LDL-Cholesterin-Werte waren bei meinem jüngsten Gesundheitscheck leicht erhöht. Auch „litt” ich damals unter marginal erhöhtem Bluthochdruck. Betablocker zum Senken brauchte ich nicht. Alles noch im Rahmen.

Nach dem Beantworten aller Fragen bekomme ich das Ergebnis:

Biologisch bin ich drei Jahre älter, 29 Jahre. Das gefällt mir nicht. Meine Chancen, im nächsten Jahr zu sterben, steigen laut Statistiken um etwa 0,5 Prozent. Zahlen lügen nicht. Wenn ich so weitermache, werde ich mit 60 Jahren wohl keine Marathons laufen. Mein Lebensstil erhöht eher das Risiko, früher mit Herz-Kreislauf-Problemen oder anderen Erkrankungen konfrontiert zu werden. Was, wenn mir die Schale Müsli mit Obst anstelle der Salamistulle tatsächlich ein paar Minuten schenkt? Auf Dauer werden aus den Minuten Stunden und aus Stunden Tage.

Wie hilft diese Erkenntnis im Alltag?

Mein „Life Score“ sensibilisiert mich für Fragen, die ich mir in meinem Alter eigentlich nicht allzu häufig stelle. Alleine deshalb ist das Thema „biologisches Alter” spannend. Es zeigt mir, dass ich mein Schicksal, zumindest theoretisch, beeinflussen kann. Dass ich durch Unachtsamkeit und Faulheit vielleicht Lebenszeit vergeude, die ich mir nicht zurückholen kann. Einen ungesunden Lebensstil kann ich nicht nachträglich reklamieren und zurückgeben. Und ich sollte anhand meiner Familiengeschichte am besten wissen, wie schnell es gehen kann.

Nach dem Testergebnis bin ich übrigens direkt zum Barbier gegangen und habe mir den Bart rasieren lassen. Freunde sagen, ich sehe jetzt wieder drei Jahre jünger aus.

Immerhin ein Anfang.

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