Body & SoulHealth

Nachgefragt: Warum Diäten oft am Stoffwechsel scheitern

Viel Sport, eine Diät und trotzdem klappt es nicht mit dem Abnehmen. Der Grund für deinen Frust kann an deinem Stoffwechsel oder sogar an deiner Blutgruppe liegen. Ernährungsexperte Dr. Ulrich Schleicher gibt Antworten.

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Dr. Ulrich Schleicher ist Orthopäde und Ernährungsexperte. Beim Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC kümmert er sich um die Profis. #BeatYesterday-Autor Sebastian Stier hat mit dem Mediziner über Stoffwechselprobleme und schlechte Diäten gesprochen. Dabei hat er auch erfahren, warum viel Sport und eine gesunde Ernährung nicht immer zum gewünschten Gewichtsverlust führen.

#BeatYesterday.org: Dr. Schleicher, es gibt Menschen, die trotz Ernährungsumstellung und Sport nicht abnehmen. Welche Gründe gibt es dafür?

Dr. Ulrich Schleicher: Beim Thema Abnehmen gibt es extrem unterschiedliche Theorien. Wenn wir heute durch diverse Zeitschriften blättern, finden wir in jeder von ihnen verschiedene Tipps. Alle behaupten von sich, zeitgemäß zu sein, und versprechen rasche Erfolge. Das ist aber Unsinn. Abnehmen ist eine sehr spezielle und individuelle Sache. Jeder Körper verhält sich da anders. Besonders wenn wir noch dazu Sport treiben.

#BeatYesterday.org: Sprechen die populären Diäten aus den Zeitungen die Individualität des menschlichen Organismus an?

Dr. Schleicher: Wenn wir uns die unterschiedlichen Ansätze anschauen, sehen wir, dass die meisten von ihnen sehr radikal sind. Da gibt es die Low-Fat-Befürworter, die sehr stark oder komplett auf Fette verzichten. Diese Bewegung hat ihren Ursprung im Amerika der achtziger und neunziger Jahre. Damals wurden plötzlich alle Fette verteufelt und die gleichen Fehler gemacht wie heute. Statt der Fette wurden zu viele Kohlenhydrate dem Körper zugeführt, was ein Grund dafür sein kann, dass man trotz Sport nicht an Gewicht verliert.

Auf der anderen Seite gibt es die Idee, auf Kohlenhydrate zu verzichten und dafür viele Fette und viel Fleisch zu sich zu nehmen. Diese Low-Carb-Bewegung hat Befürworter wie den amerikanischen Arzt Robert Atkins, der zu einer Art Guru in der Szene geworden ist.

#BeatYesterday.org: Wie bewerten Sie die Konzepte „Low Carb” und „Low Fat”?

Dr. Schleicher: Ich rate von diesen radikalen Ansätzen ab. Man sollte als Sportler auf eine ausgewogene Ernährung achten und unterscheiden, welche Fette und welche Kohlenhydrate man konsumiert. Wer viel Sport macht, muss sich um seine Ernährung kümmern.

Die vielen Diäten werden nie der Gesamtheit aller Menschen gerecht. Kein Mensch gleicht dem anderen. Nehmen wir zwei außergewöhnliche Spitzensportler als Beispiel. Der Fußballer Cristiano Ronaldo und der Football-Quarterback Tom Brady, die beide auch im hohen Sportleralter noch Weltklasseleistungen abrufen. Beide haben sich nie an die gängigen Theorien gehalten, sondern ihre Ernährungs- und Lebensgewohnheiten nur nach einem Parameter gestaltet: Funktioniert das für mich?

#BeatYesterday: Und wann funktioniert eine Diät?

Dr. Schleicher: Ein Mensch nimmt eher schneller ab, wenn er auf Fleisch verzichtet, ein anderer ist mit weniger Kohlenhydraten besser beraten. Grundsätzlich gilt: Nimmt man nicht ab, stimmt das aktuelle Diätkonzept nicht für die jeweilige Person.

Für uns stellt sich heute mehr denn je die Frage, was wir überhaupt essen. Anders als früher können wir auf alles permanent zurückgreifen. In der Nachkriegszeit gab es vielleicht einmal in der Woche Fleisch, weil es zu teuer war. Durch die heutige Massentierhaltung ist es dauerhaft erschwinglich geworden. Die Frage lautet: Was wählt man für sich aus?

#BeatYesterday: Welche Inhaltsstoffe braucht der Körper unbedingt – und welche sind verzichtbar?

Dr. Schleicher: Neben Fetten und Kohlenhydraten bilden Proteine eine dritte Ernährungsgruppe. Proteine haben bestimmte Aminosäuren, die der Körper braucht. Auch bei Fetten gibt es essenzielle Fettsäuren, die wichtig sind: etwa Linolsäure und die Alpha-Linolensäure. Am ehesten verzichtbar sind unter bestimmten Voraussetzungen die Kohlenhydrate. Dort ist nichts drin, was wir unbedingt benötigen. Aber auch Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate. Es gibt kurzkettige und langkettige Zucker.

Portrait des Berliner Arztes Dr. Ulrich Schleicher
Der Berliner Arzt Dr. Ulrich Schleicher betreut Bundesligaprofis. © privat

#BeatYesterday.org: Was ist der Unterschied zwischen diesen Kohlenhydraten – und welche sind besser?

Dr. Schleicher: Kurzkettige Kohlenhydrate führen dazu, dass der Blutzuckerspiegel schnell ansteigt. Gerade Hobbysportler unterläuft nach dem Training oft ungewollt der Fehler, zu viele kurzkettige Kohlenhydrate zu verzehren. Ein beliebtes Beispiel sind Smoothies. Wenn ich einen Apfel esse, ist das gesund. Der Fruchtzucker kann vom Körper gut verwertet werden. Mache ich mir aber einen Smoothie mit zwei Äpfeln, einer Banane und einer Birne, ist das viel mehr Fruchtzucker, als der Körper verarbeiten kann.

#BeatYesterday.org: Was passiert in unserem Körper, wenn wir einen Smoothie mit zu viel Obst direkt nach dem Sport trinken?

Dr. Schleicher: Das führt dazu, dass der Körper Fette einlagern kann. Ein weiterer negativer Effekt ist die erhöhte Insulinausschüttung. Sie führt zu Hunger, wenn der zu schnell hochgepushte Blutzuckerspiegel wieder sinkt. Mein Tipp: Nicht auf die kurzkettigen Kohlenhydrate setzen, sondern auf die langkettigen, die langsam ins Blut übergehen. Zum Beispiel Kartoffeln, Hafer oder Nüsse.

Verbrannte oder synthetische Fette wie das Öl aus der Fritteuse oder Margarine sind generell zu meiden. Pflanzliche Fette wie aus der Avocado sind dagegen sehr gut.

#BeatYesterday.org: Nun haben wir viel über Ernährung gesprochen. Manchmal genügt aber selbst die Kombination aus gesunder und passender Ernährung und Sport nicht, um die Abnehmziele zu erreichen. Oft ist ein gestörter Stoffwechsel, also ein biochemisches Problem in unserem Organismus das Problem. Welche Anzeichen gibt es für eine Stoffwechselstörung?

Dr. Schleicher: Da gibt es viele. Erhöhter Blutdruck zum Beispiel. Oder erhöhte Harnsäurewerte, wie bei der klassischen Diabetes, bei der das Insulin in der Bauchspeicheldrüse nicht abgebaut wird. Die sogenannte Diabetes zwei kann auch ein Anzeichen für eine Stoffwechselstörung sein. Um all diese Dinge herauszufinden, gilt es, eine detaillierte Blutuntersuchung zu machen. Die ist generell wichtig, wenn man gezielt Sport treiben will. Auch ein kardiologischer Check wäre im Vorfeld sinnvoll. Aber nicht bei allen Menschen, die Probleme mit dem Stoffwechsel haben, muss automatisch eine Störung vorliegen.

BeatYesterday.org: Was sind andere Theorien für ein medizinisches Problem beim Abnehmen?

Dr. Schleicher: Der Amerikaner Peter J. D’Adamo vertritt eine interessante Theorie namens Blutgruppendiät. Demnach können Menschen der älteren Blutgruppe 0 mehr Fleisch und tierische Produkte essen, ohne gravierend an Gewicht zuzulegen. Menschen der jüngeren Blutgruppen A und B vertragen diese Ernährung eher nicht. Laut D’Adamo hat unser Stoffwechselverhalten auch einen evolutionstheoretischen Hintergrund. Persönlich finde ich diese Theorie interessant. Ich habe die Blutgruppe 0 und war schon immer schlank, obwohl ich mir des Öfteren Fleisch gönne. Mein Bruder dagegen hat die Blutgruppe A und musste schon immer stärker auf seine Ernährung achten.

#BeatYesterday.org: Welche Tipps haben Sie, um den Stoffwechsel anzukurbeln?

Dr. Schleicher: Unbedingt auf die Ernährung achten. Man sollte generell industriell vorgefertigte Lebensmittel vermeiden. Was Eiweiße betrifft, rate ich, diese mehr aus pflanzlichen Produkten zu beziehen. Beispielsweise aus Nüssen. Tierische Eiweiße würde ich reduzieren. Als Sportler ist es sinnvoll, Vollkornprodukte zu bevorzugen, weil diese mehr Ballaststoffe besitzen. Der Blutzuckerspiegel wird dadurch nur langsam erhöht. Fisch ist besser als Fleisch. Und Wurst ist ein Problem, weil oft Zucker oder Geschmacksverstärker hinein gemischt werden. Milch ist auch so ein Thema, über das in der Forschung intensiv gestritten wird. Im Grunde benötigen Menschen Milch nur im Säuglingsalter. Inzwischen gibt es verschiedene Unverträglichkeiten wie die Laktoseintoleranz, die zu Stoffwechselstörungen führen können. Wenn man davon aber nicht direkt betroffen ist, sind Milchprodukte wie Joghurt und Quark aber ratsam für die Eiweißzufuhr.

5 Diät-Tipps für deinen Stoffwechsel

  1. Radikale Diätansätze funktionieren in den meisten Fällen nur kurzfristig – wenn sie überhaupt wirken. Pauschale Ansätze wie „Low Fat” und „Low Carb” passen meist nicht zu den Bedürfnissen eines individuellen Organismus.
  2. Proteine und Fett enthalten Aminosäuren, die für deinen Stoffwechsel wichtig sind. Am ehesten verzichtbar sind Kohlenhydrate. Doch auch diese können je nach Situation gesund sein. Wichtig ist, dass du darauf achtest, ob die Kohlenhydrate lang- oder kurzkettig sind. Kurzkettige Kohlenhydraten stillen auch nur kurz deinen Hunger.
  3. Ein Apfel nach dem Sport ist super. Der kurzkettige Zucker gibt dir schnell Energie. Ein Smoothie mit deutlich mehr Frischobst ist hingegen nicht förderlich für deine Abnehmziele. Die Dosis ist – wie immer – entscheidend.
  4. Welche Blutgruppe hast du eigentlich? Solltest du wissen. Denn auch die Blutgruppe kann für deine Ernährung wichtig sein. Menschen mit der Blutgruppe 0 können, glaubt man Theorien, zum Beispiel mehr Fleisch vertragen als Personen mit einer anderen Blutgruppe.
  5. Die Symptome für eine Stoffwechselerkrankung sind manchmal schwer zu deuten. Solltest du viel Sport treiben oder ein größeres Abnehmziel verfolgen, ist ein medizinischer Check zu empfehlen.
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