Dass Superfoods nicht selbstverständlich sind, mussten die Menschen in Siglufjördur vor mehr als 50 Jahren schmerzhaft lernen. Das isländische Dorf (heute knapp 1.200 Einwohner) war damals die Welthauptstadt der Heringsfischerei. Der Klondike des Atlantiks. Nur, dass das isländische Gold silbern im Ozean schimmerte. Der atlantische Hering brachte den Wohlstand in die Fischerkaten.
Zehntausende Einwohner zählte die Küstenstadt um das Jahr 1965. Die meisten lebten direkt vom Hering. Als Fischer oder als Arbeiter in den örtlichen Fabriken. Doch das rasante Wachstum der Industrie war nicht gesund. Die kostbare Frucht des Meeres wurde aus purer Gier überfischt. Die Silberader versiegte.
Im Jahr 1968 blieben die großen Schwärme plötzlich aus – und kamen nicht wieder. Eine Stadt starb. Heute zeugt nur noch ein Museum vom ehemaligen Wohlstand der Stadt.
Warum ist der Hering ein Superfood?
Der Hering zählt zu den vielseitigsten Speisefischen. Matjes, Bismarck, Dosenfisch in Tomatentunke, Brathering, Rollmops oder als sahniger Salat mit roter Beete – süß, sauer, scharf, roh, eingelegt oder gebraten: Es gibt unzählige Varianten, den Hering als Hauptmahlzeit zu inszenieren.
Einer der prominentesten Fans des Speisefischs, der ehemalige Reichskanzler Otto von Bismarck, soll mal gesagt haben: „Würde der Hering genauso viel kosten wie Kaviar, würden die Menschen ihn auch mehr wertschätzen.”
Doch der Hering, der in Deutschland tonnenweise verschlungen wird, hat nicht nur Fans. Es gibt sogar Menschen, die ihn wahrhaftig fürchten. Als Angstmacher gelangte die skandinavische Spezialität „Surströmming” zu einer gewissen Prominenz. Surströmming ist Gammelfisch aus der Dose.
Die Schweden lieben den fermentierten Hering. Die meisten Menschen müssen sich jedoch bereits bei der ersten Gestankfahne über die nächste Reling beugen. Weil die Dosen durch die Fäulnisgase manchmal sogar „explodieren” können, verbieten manche Fluglinien die Mitnahme dieses Biokampfstoffs.
Wie gesund ist Hering?
Sehr gesund. Der Hering ist zwar einer der fetthaltigsten Fische (Fettanteil etwa 17 Prozent), doch das ist in diesem Fall nicht schlecht. Ein Großteil des Heringsfetts besteht nämlich aus den lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren. Diese braucht unser Körper, um High-Density-Lipoprotein-Cholesterin zu bilden.
Das Cholesterin ist am Transport der Blutfette aus den Arterien in die Leber beteiligt. Dieser Prozess beugt Verkalkungen der Blutgefäße vor. Der Hering aus dem Frühjahr, der Matjes, enthält besonders viel Omega-3.
Das Beste für die Fans des Fischs: Der Hering muss nicht zwingend frisch sein, um seine gesunde Wirkung zu erzielen. Die Omega-3-Fettsäuren bleiben auch nach der Konservierung erhalten. Dosenheringe in Tomaten- oder Senftunke sind eine echte Alternative. Das jedoch nur in Maßen, da zuckerhaltige Soßen die Kalorienanzahl der Portion deutlich erhöhen.
Und: Hering ist mehr als dein Dealer für Omega-3-Fettsäuren. Der Fisch ist auch ein starker Eiweißlieferant. Die im Hering enthaltenen Vitamine D und B12 unterstützen zudem den Knochenaufbau oder helfen bei Müdigkeit und Schlappheit.
Wer sollte Hering essen?
In Küstennähe gilt der Hering als Chia-Samen des alten Mannes. Die Heringsstulle am Morgen verspricht für manche ein langes und gesundes Leben. Auch hilft der schuppige Protein-Lieferant Frauen und Männern, die in Fitnessstudios ihre Körper stählen. Die im Hering enthaltenen Eiweiße beschleunigen den Muskelaufbau. Generell empfehlen Ernährungsexperten zwei Fischmahlzeiten pro Woche.
Schwangere sollten dagegen auf jeden Fall der köstlichen Versuchung des Rollmopses widerstehen. Der nahrhafte Ostseeschaschlick wird aus rohem Fisch bereitet – und birgt für Schwangere so manche Risiken.
Wo bekomme ich Hering aus nachhaltigem Fischfang?
Die Heringsbestände schwanken in den Weltmeeren. Darunter leiden nicht nur ganze Ökosysteme, sondern auch die Fischer. Schließlich werden die unvermeidlichen Fangquoten immer kleiner, was für finanzielle Einbuße sorgt. Siglufjördur ist allen eine Mahnung geblieben.
Am besten schmeckt der Hering (und Fisch allgemein) deshalb beim lokalen Fischer. Das kostet zwar mehr Geld, sichert aber ein Stück Tradition und ein Familieneinkommen. Wer sich wohnortsbedingt mit der Alternative „Dosenfisch” begnügen muss, sollte zwingend auf das MSC-Siegel achten. Das Verpackungszeichen verspricht Produkte aus nachhaltiger Fischerei.
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