90 Minuten intensive Übungen bei 40 Grad
Einige schwören darauf, andere finden es gewöhnungsbedürftig. Bikram Yoga, auch als Hot Yoga bekannt, spaltet die Anhänger der indischen Lehre. Das liegt in erster Linie an den Voraussetzungen: Denn während die Dehnungs- und Entspannungsübungen beim klassischen Hatha Yoga normalerweise bei Zimmertemperatur vollzogen werden, herrscht beim Bikram Yoga eine Raumtemperatur von meist 38 bis 40 Grad Celsius. Das sind Bedingungen wie in der Mittagshitze im Hochsommer Südeuropas – mit dem Unterschied, dass die Luftfeuchtigkeit von mindestens 40 Prozent oder mehr beim Bikram Yoga zusätzlich jede Bewegung erschwert. Sich bei diesen Bedingungen zu bewegen, ist mühsam und kostet Überwindung. Denn über 90 Minuten wird eine Übung nach der anderen ausgeführt, es gibt kein Erbarmen. Schon nach wenigen Minuten bist du vollends durchgeschwitzt. Doch diese Challenge hat auch ihr Gutes.
Die Vorteile des Schwitzyogas
Der Körper lässt sich durch die hohen Temperaturen besser dehnen. Bindegewebe, Sehnen und Muskeln werden elastischer – ein großer Vorteil bei den gängigen Yogaübungen, auch Asanas genannt. Die Herzfrequenz ist durch die Belastung in der Hitze hoch und steigert die Leistung von Herz und Lunge. Durch die hohe Schweißproduktion fühlen sich die Yogis nach den 90 Minuten oft wie neugeboren, ähnlich dem Effekt, der nach einigen Saunagängen eintritt. Erfinder und Namensgeber Bikram Choudhury, ein in Indien geborener US-Amerikaner, meint sogar, seine Yogaform sei gut bei Arthritis, Tinnitus, Hepatitis C, bei Krebs und Angstattacken – belegt sind diese angeblichen gesundheitlichen Vorteile bis heute allerdings nicht.
Abnehmen dank Bikram Yoga?
Wer abnehmen will, war mit Ausdauersportarten bisher besser beraten als mit einer Yogastunde. Doch wie sieht es beim Bikram Yoga aus? Im Grunde genommen passiert dasselbe wie bei anderen Sportarten, die in warmer Umgebung durchgeführt werden: Du verbrennst mehr Kalorien, da sich der Organismus stärker anstrengt. Dennoch ergaben wissenschaftliche Studien, dass der Abnehmeffekt bei Bikram Yoga im Gegensatz zum Laufen oder Radfahren eher gering ist. Männer verbrannten demnach in einer 90-minütigen Sitzung durchschnittlich 460 Kalorien und Frauen etwa 330. „Weil die Übungen sehr komplex sind und durch die Hitze, haben Yogis das Gefühl, sie würden hart trainieren“, erklärt Dr. Brian L. Tracey, ein Sportwissenschaftler von der Colorado State University, bei „stern.de“.
So läuft eine Bikram-Yoga-Einheit ab
Der Ablauf einer Einheit ist relativ starr festgelegt und folgt fast immer demselben Muster. 90 Minuten dauert die Prozedur, insgesamt 24 aufeinander aufbauende Asanas werden in der immer gleichen Reihenfolge absolviert. Dabei wird der gesamte Organismus angesprochen, durch Kompression und Dehnung sollen innere Organe massiert und das Drüsensystem stimuliert werden. Jede Übung fordert einen bestimmten Teil des Körpers, stärkt bestimmte Muskelgruppen und regt bestimmte Körperfunktionen an. Die ersten zwölf Übungen werden im Stehen ausgeführt, danach geht es auf die Matte. Die meisten Asanas werden zweimal wiederholt. Vor den Übungen und zum Abschluss werden noch zwei Atemübungen, sogenannte Pranayamas, eingebaut. Die Yoga-Asanas sollten immer vor einem Spiegel ausgeführt werden, damit du deine Körperhaltung selbst kontrollieren kannst.
Gesundheit und Kleidung: Das musst du beim Hot Yoga beachten
Bikram Yoga fordert deinen Körper stärker als alle anderen Yogaarten. Der sportliche Aspekt steht gegenüber dem spirituellen Aspekt klar im Vordergrund. Gründer Choudhury formulierte es gern drastisch: „Willkommen in der Folterkammer! Aber was ist besser: 90 Minuten lang zu leiden oder 90 Jahre?“ Fühlst du dich allerdings schlapp oder gar kränklich, solltest du auf die 90-minütige Bikram-Yoga-Einheit lieber verzichten. Vor allem der Kreislauf wird aufgrund der Hitze beansprucht – hast du damit öfter mal Probleme, kontaktiere zunächst deinen Arzt und erkundige dich, ob du diesen Sport ausüben darfst. Auch sonst lege kurze Pausen ein, wenn du merkst, dass dich die Übungen überfordern. Das kann vor allem bei den ersten Besuchen oft der Fall sein.
Kleide dich für die Bikram-Yoga-Klasse so luftig wie möglich. Männer tragen als Kleidung oft nur Shorts oder Radlerhosen, Frauen dazu ein leichtes, atmungsaktives Oberteil oder nur einen Bikini. Bringe deine eigene Yogamatte mit, sofern du eine besitzt, das ist aufgrund der immensen Schweißabsonderungen hygienischer. Ebenso Flip Flops, um nicht durch die Ausdünstungen deiner Mitmenschen waten zu müssen. Zwei große Handtücher und mindestens einen Liter stilles Wasser solltest du ebenfalls dabei haben. Damit der Körper nicht zusätzlich durch Verdauungsprozesse belastet wird, solltest du zudem zwei Stunden vor Beginn einer Bikram-Yoga-Klasse nichts mehr essen.
Wer kommt auf sowas?
Wie bereits erwähnt, wurde das Bikram Yoga vom indischen Yogameister Bikram Choudhury entwickelt. Im Alter von 20 Jahren zog sich der leidenschaftliche Sportler beim Gewichtheben eine schwere Knieverletzung zu, die laut den Ärzten bleibende Schäden zur Folge haben würde. Doch mit Hilfe des Yoga heilte diese angeblich völlig aus. Daraufhin entwickelte Choudhury seine eigene Yoga-Form, basierend auf dem Hatha Yoga, mit der festen Abfolge der Asanas und Atemübungen und brachte diese 1973 in die USA. Mittlerweile bekennen sich sogar viele Hollywoodstars zu Anhängern dieser Methode. Von dort aus schwappte die Welle auch nach Deutschland. In jeder Großstadt gibt es hierzulande neben Hatha Yoga, Power Yoga oder Ashtanga Yoga mittlerweile auch Bikram-Yoga-Kurse. Rund 1.200 lizenzierte Bikram-Yogaschulen sind innerhalb Europas zu finden.
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