Fitness

Yoga und Leistungssport: Gut für den Kopf

Eishockey ist ein rasantes, körperbetontes und stressiges Spiel. Marian Dejdar stand mehr als 700-mal als Profi auf dem Eis, trotzdem ist er mit 38 noch top fit. Das hat auch mit seinem Ausgleich zu tun: Yoga.

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Schon nach wenigen Sekunden schmiegen sich drei Paare aneinander. Die Zuschauer*innen johlen begeistert. Sie bejubeln keine Tänzchen, sondern eine Massenschlägerei, einen Brawl, wie es beim Hockey heißt. Sechs Spieler vom HK Sotchi und HK Awangard Omsk haben sich verkeilt und dreschen aufeinander ein.

Hockey ist ein temporeicher und archaischer Sport. Es wird gecheckt, gekämpft, einer schwarzen Scheibe nachgejagt, dem Puck. Mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde fliegt das Hartgummigeschoss über das Eis. Die Spielenden werfen sich für Blocks beinahe lebensmüde in die Schüsse.

Wie hart Hockey ist? In der NHL sieht der Strafenkatalog 44 Vergehen vor. Stockschlag, „Boarding”, Kniecheck, Beißen, „übertriebene Härte” – nur ein Auszug. Hockeyspieler*innen mögen es gerne etwas härter. 2017 spielte der einstige Superstar Joe Thornton mehrere Spiele trotz Kreuzband- und Innenbandriss. Andere trotzten Rippenbrüchen und Fußfrakturen.

Marian Dejdar, 38, ist einer dieser Verrückten. Der gebürtige Hesse spielte jahrelang Profi-Eishockey, mehr als 150-mal in der höchsten Deutschen Eishockey Liga (DEL). Bei den Fischtown Pinguins, Bremerhaven, ist er eine Vereinslegende.

Und doch ist Marian Dejdar nicht nur wegen seiner sportlichen Leistungen bekannt geworden, auch wegen seines Nebenjobs. Er arbeitet als Yoga-Lehrer. Mit seiner Frau betreibt er ein Studio. Schon während seiner Zeit in der DEL beschäftige sich Marian mit neuen Trainingsreizen.

Der raue, schmerzhafte Sport und die Harmonie des Yogas – für Marian Dejdar kein Widerspruch. Im Gegenteil: Ohne spezielle Körperübungen, Meditation und Ernährung wäre seine Karriere womöglich früher vorbei gewesen. Ein Gespräch über Yoga und Leistungssport.

#BeatYesterday.org: Beim Eishockey denken die meisten Menschen an starke, bullige Typen. An Kühlschränke auf Kufen. Nicht an Yoga.

Marian Dejdar: Das ist ein Klischee, das nicht mehr ganz stimmt. Der Sport hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre stark weiterentwickelt. Er ist athletischer geworden, schneller, filigraner. Auch die Regeln wurden angepasst. Viel Körperlichkeit, die mal erlaubt war, ist es heute nicht mehr.

#BeatYesterday.org: Du bist 38. Spielst seit Ewigkeiten Hockey. Wie hast du die Evolution des Sports mitgemacht?

Marian: Ich bin ein Profiteur. Mein Vater schleppte mich schon mit vier Jahren zum Hockey. Schon damals war ich einer der Schmächtigen. In der Jugend haben mich Kumpels verwundert gefragt: „Was, du spielst Hockey? Du siehst gar nicht aus wie eine Kante!“ Ich mochte schon damals vor allem das Spieltempo. Das Passen, das Toreschießen, das Gewinnen. Ich trainierte zwar immer für eine gute Stabilität, ein richtiger Schrank war ich jedoch nie. Und deshalb kam mir die Entwicklung des Spiels entgegen. Einen 120-Kilo-Brocken, der mich umklammert, hätte ich mit meinem Kampfgewicht nicht abschütteln können.

Die brettern auch mal jemanden um.

Marian Dejdar

#BeatYesterday.org: Trotzdem geht es auf dem Eis ruppig zu.

Marian: Das gehört dazu. Jeder muss während des Spiels seine primären Aufgaben auf dem Eis erledigen. Manche sollen die Tore schießen, sie sind sehr fein in den Bewegungen und spielstark. Andere, die Jungs in der dritten und vierten Reihe, sogenannte Grinder, räumen auf. Die wollen die Gegner körperlich müde machen, brettern manchmal auch einen um. Den Job könnte mir der Trainer genauso geben. Würde ich versuchen. Gibt aber Kandidaten, die das Grobe deutlich besser beherrschen.

#BeatYesterday.org: Wie hast du deine Karriere gesundheitlich überstanden?

Marian: Ich hab manches mitgenommen. Bänderrisse, Knochenbrüche. Fies waren zwei Handgelenkfrakturen, der Syndesmosebandriss, die Schultergelenksprengungen auf beiden Seiten. Dazu manche Gehirnerschütterung. Im Großen und Ganzen kam ich aber gut durch.

#BeatYesterday.org: Klingt nicht so.

Marian: Ich fühl mich heute gut, bin beweglich und schmerzfrei, kann immer noch spielen mit 38. Das ist nicht selbstverständlich.

#BeatYesterday.org: Wie hast du es geschafft, die Verletzungen von zwei Sportlerleben so gut zu verkraften?

Marian: Ich habe meinen Körper gepflegt, auf ihn geachtet. Das klingt banal. Aber viele Leistungsportler*innen versäumen das. Mir half Yoga sehr. Seitdem ich damit begonnen habe, blieben die großen Verletzungen aus.

#BeatYesterday.org: Wie kamst du ausgerechnet als Eishockeyspieler zum Yoga?

Marian: Meine Frau hat das schon vor mir professionell praktiziert und ihren Trainer*innenschein gemacht. Sie sagte mehrmals, dass ich das ausprobieren soll. Und dann habe ich das ausprobiert. Es tat mir sofort gut. 2012 oder 2013 müsste das gewesen sein. Ein paar Jahre später war unsere Saison ungewöhnlich früh vorbei, wir hatten es in den Play-offs früh vermasselt. Da fand ich dann selbst Zeit für einen Yogalehrer-Kurs.

#BeatYesterday.org: Wie hast du Yoga in deinen Trainingsalltag integriert?

Marian: Zu Hause begann ich mit den ersten Übungen: Stretchen, locker machen, die Muskulatur stärken. Das habe ich dann mit in die Trainings- und Spielroutine übernommen. Bevor es losging, erst mal Yoga und Meditation. Ich war dadurch in den Spielen mehr bei mir, konzentrierter. Und merkte sofort, dass mir etwas fehlt, wenn ich die Abläufe aufgrund eines längeren Meetings mal nicht in mein Warm-up integrieren konnte.

#BeatYesterday.org: Wie sieht ein übliches Ritual vor dem Spiel bei dir aus?

Marian: Ich bringe mich in die Meditation, und dann versuche ich, möglichst viel zu visualisieren. Die Dinge fühlbar zu machen. Ich denke das Spiel im Kopf durch. Ich weiß zum Beispiel, gegen welchen Torwart wir spielen. Ich kenne seine Schwächen, mir ist bewusst, dass er bei flachen Schüssen nicht ganz so gut hält. Ich stelle mir diese Spielsituation vor. 20, 30 mal lege ich ihm gedanklich den Puck flach ins Netz. Wenn es im Spiel tatsächlich zu so einer Szene kommt, kann ich die Erfahrungen abrufen. Ich handle instinktiv so, wie ich es mir vorher vorgestellt habe. Ich schiebe die Scheibe flach ins Netz. Das funktioniert wirklich. Und es gibt Studien, die zeigen, dass vorgestellte Visualisierungen ähnlich wertvoll sind wie real erlebte Erfahrungen.

#BeatYesterday.org: Eine Kabine vor Spielbeginn, da sitzen 20 harte Jungs in ihren gepanzerten Ausrüstungen. Schweißgeruch und Testosteron hängen in der Luft. Wie kamen deine Meditationen in dieser Umgebung an?

Marian: Sprüche gibt es immer. Aber als ich mit der veganen Ernährung begann, kam mehr Feedback.

#BeatYesterday.org: Wie bist du damit umgegangen?

Marian: Sehr locker. Ich wusste ja, dass mir das guttut, dass ich meine Leistungsfähigkeit verbessere. Ich hab’ den Jungs auch gesagt: Ey, schaut, 2014, als Deutschland Fußball-Weltmeister wurde, hatten die einen Yoga-Trainer dabei. Die haben Yoga gemacht. Wieso sollten sie etwas tun, was nichts bringt? Und davon abgesehen: Viele machen bereits Yoga, ohne es zu wissen. Weil das, was sie tun, nicht Yoga genannt wird.

#BeatYesterday.org: Wie meinst du das?

Marian: Wir arbeiten im Leistungssport häufig mit Fitness- und Mentaltrainer*innen zusammen. Die Übungen und Methoden, die sie mitbringen, stammen zumeist aus dem Yoga. Sie gibt es dort seit etwa 5.000 Jahren. Nur nennen diese Coaches ihre Übungen anders.

#BeatYesterday.org: Torhüter*innen wie Jenny Harß, die sich auf dem Eis besonders oft verbiegen und strecken müssen, schwören auf Yoga. Wie verbreitet ist das Thema sonst im Hockey?

Marian: Wir hängen bei so was etwas hinten dran. Geht auch ums Image. Das Rabiate, das Toughe – das ist einigen Spielern wichtig und da passt Yoga gedanklich noch nicht rein. In der NHL, der US-amerikanischen Profiliga, in der die besten Spieler der Welt unterwegs sind, wiegt die Sache anders. Dort haben die ersten Teams schon vor zehn Jahren Yoga in ihre Trainingsabläufe integriert.

#BeatYesterday.org: Du sprachst davon, wie Yoga dir bei der Vor- und Nachsorge von Verletzungen half. Wobei noch?

Marian: Es gibt fünf Säulen beim Yoga, und wer sich diese anschaut, erkennt sofort, welche Relevanz sie für den Leistungssport besitzen. Es geht um Körperübungen, Atembewusstheit, Entspannung, Meditation und Ernährung. Als ich mich während meines Trainerlehrgangs damit befasste, verstand ich, wie ganzheitlich ich mein Sportlerleben durch Yoga optimieren kann. Es deckt alles ab.

#BeatYesterday.org: Was war dir neben den Körperübungen am wichtigsten?

Marian: Neben der Ernährung sicher das Meditieren. Dabei habe ich meine Konzentrationsfähigkeiten stark verbessert. Fokus! Im Leistungssport immer wichtig. In einer rasanten Sportart wie Eishockey sowieso. Ich darf mit den Gedanken nur beim Spiel, allein in der Situation sein. Sollte besser nicht auf die Tribüne glotzen und checken, ob die Freundin vielleicht mit einem anderen Typen quatscht. Leistung fängt immer im Kopf an.

#BeatYesterday.org: Das ist eine Floskel.

Marian: Es ist vor allem wahr. Wenn nur Athletik und Talent da sind, der Kopf aber nicht mitzieht, dann wird es schwer mit dem Profisein. Es geht nicht ohne Fokus, ohne mentale Stärke, ohne Disziplin. Ist der Kopf da, kann man sich mit ihm alles andere erarbeiten. Besonders die Athletik. Und Yoga ist sehr gut für den Kopf, weil es erdet, neue Gedanken zulässt.

#BeatYesterday.org: Wie wird sich das Bewusstsein für Yoga im Eishockey weiterentwickeln?

Marian: Der Sport entwickelt sich immer weiter, in manchen Aspekten schneller, in anderen langsamer. Junge Spieler sind empfänglicher für moderne Ansätze. Ich sagen den Jungs, die ich im Nachwuchs trainiere, dass sie das machen sollen, dass es gut ist, und sie machen es und spüren sofort die Vorteile. Was gut ist, was hilft, setzt sich im Sport immer durch.

#BeatYesterday.org: Zum Abschluss: Du bist zwar nicht mehr in der DEL aktiv, spielst aber trotzdem noch professionell in Wilhelmshaven. Die 40 kommt dichter. Du fühlst dich fit. Wie viel Jahre Leistungssport hat dir Yoga zusätzlich gebracht?

Marian: Eine hypothetische Frage, die ich in Zahlen schwer beantworten kann. Was ich weiß: Schon während meiner Zeit in der DEL habe ich mich dank Yoga stärker und besser gefühlt und das nicht nur im Sport. Als Profi steht man unter hohem Druck. Die Medien schauen genau hin, die Fans wollen gute Ergebnisse und erwarten immer Leistung. Yoga hat mir Halt gegeben, eben nicht nur körperlich, auch geistig. Und deswegen glaube ich daran, dass jede*r davon profitieren kann. Vollkommen unabhängig von Sport und Leistungsniveau. Yoga kann für alle eine tolle Sache sein.

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