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Teichmann 7: Zweimal durch Deutschland – eine Bilanz

Zweimal wanderte Fotojournalist Andreas Teichmann durch Deutschland. Dabei lernte er, wie vielseitig das Land ist und wie natürlich schön. Teil #7: eine Bilanz. Und die Empfehlung zum Nachmachen.

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Ort: Aachen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Geo-Koordinaten: 50°46’08.2″N 6°01’23.9″E

Ort: Seifhennersdorf
Bundesland: Sachsen
Geo-Koordinaten: 50°55’53.8″N 14°39’00.6″E

Für meine letzte Kolumne habe ich erstmals zwei Bilder auserkoren. Die Motive sind grundverschieden. Einmal, oben im Titelbild, sehen wir eine Nebenstraße in einer deutschen Stadt. Die Häuser sind renoviert, bunt verputzt. Ein paar Poller säumen den Weg. Sie fallen kaum auf, haben aber ihre Bedeutung.

Auf einem zweiten Bild sehen wir eine Wiese. Kein Gebäude weit und breit. Ein weißes Schild mit dickem roten Balken steht dort, wo akkurat gemähte Halme enden und der Wildwuchs beginnt. Der Großteil der Wiese ist geschoren, nur ganz rechts, hinter einem Zacken, wuchert das Gras. Einmal Zivilisation, einmal Pampa. Einmal Sonnenschein, einmal ein trüber Tag. Viel unterschiedlicher können die beiden Bilder nicht sein. Doch sehen wir sehr Ähnliches, nämlich zweimal die deutsche Grenze. Links, das westliche Ende, Aachen, Dreiländereck. Deutschland, Belgien und die Niederlande stoßen hier zusammen. Die Grenze ist beinahe unsichtbar. Überraschend. Und irgendwie schön.

Eine Wiese nahe des sächsischen Seifhennersdorf – hier endete die Wanderung von Andreas Teichmann. © Andreas Teichmann

Auf der anderen Seite Seifhennersdorf. Hier schmiegt sich Sachsen ganz nah an Tschechien. Als ich damals auf der West-Ost-Reise im Rahmen meines ersten 50-Days-Projekts im Ziel ankam, musste ich bei diesem Anblick schmunzeln. Wie typisch deutsch: Alles akkurat gemäht, sehr penibel, aber an der Grenze ist Schluss. Ordnung muss sein.

Hunderte Begegnungen: Deutschland besser verstehen

„Typisch deutsch”, dachte ich damals, und verstand rasch, wie sehr ich mit diesem Gedanken irrte. „Typisch deutsch”, das gibt es vielleicht gar nicht. Auf meinen beiden Reisen von West nach Ost und von Süd nach Nord bin ich durch vielseitige Kultur- und Sprachräume gewandert. Wie unterschiedlich wir sprechen, wie manchmal schon zwischen zwei Orten die Mundart der Leute wechselt. Dort, wo die Grenze zwischen Ulm und Neu-Ulm verschwimmt, machte ich einmal den Fehler, Schwaben als Bayern zu bezeichnen. Für die Menschen durchaus eine ernste Sache! Aber ich lernte ja dazu!

Deutschland besser verstehen. Bevor ich auf Tour ging, den Rucksack packte und für fast zwei Monate aus dem gewohnten Leben ausstieg, meinen Alltag nun auf Wanderpfaden verbrachte, war das mein Ziel. Erlebt habe ich ein wunderbar buntes und vielfältiges Land. Besonders die Herzlichkeit der Menschen auf den Dörfern wärmte. Obwohl ich keinen Alkohol trinken wollte, zählen meine Reisebilanzen einige spontane Schnäpse mit Männern und Frauen, die mich an Wegesränden, in Scheunen und Schuppen auf einen Kornbrand oder Likör einluden. Es entstanden Momente, die sich bei mir eingebrannt haben. So schnell vergesse ich die nicht mehr.

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101 Tage war ich insgesamt auf Reisen – geblieben sind Hunderte Begegnungen, Tausende Bilder, Erinnerungen an das kurzweilige Eintauchen in neue Lebenswelten. Ich erlebte und fotografierte knorrige und gleichzeitig extrem liebenswürdige Wirtinnen und schweigsame Pferdeliebhaber, traf alte Freunde und lachte mit unbekannten Mitmenschen, die alsbald Bekannte wurden.

Die überraschendste Lehre meiner Wanderungen hatte aber nichts mit zufälligen Begegnungen zu tun. Es ist die atemberaubende Schönheit des Landes, die ich intensiver erblickte als jemals zuvor aus Auto- oder Zugfenstern. Als Kind des Ruhrgebiets, das dort aufwuchs und später eine Familie gründete, zwischen alten Zechen und viel Beton, hatte ich wohl nie erwartet, dass Deutschland so weitläufig grün ist.

Später las ich nach, dass Deutschland nur zu etwa 17 Prozent mit Straßen, Städten und Industrieflächen erschlossen ist. Der Rest sind Felder, Seen, Wiesen und Wälder, zwischen denen ein paar Dörfer auf kargen Landstrichen gesprenkelt sind. Allein diese Erkenntnis war die Strapazen beider Reisen wert. Diese Schönheit sollten wir erhalten. Sie erscheint mir nicht selbstverständlich.

Zuhause ist es am schönsten

Zuhause angekommen mit müden Beinen, sonnengegerbter Haut und um allerhand Gedanken reicher, erlebte ich noch etwas, was wir manchmal vergessen oder zu wenig wertschätzen: Wie gemütlich doch das eigene Zuhause ist. Ich habe in skurrilen Pensionen übernachtet. In Absteigen mit Etagenklo, mit Möbeln aus dem Restpostenmarkt – in denen lediglich die Herzlichkeit mancher Gastgeber so manche Bedenken verbannen konnte. Besonders in Erinnerung geblieben ist ein „Hotel“, in dem eine rüstige Frau erst mal den Ofen für warmes Wasser anheizen musste. Wie komfortabel da ein Zuhause erscheint mit eigener Dusche und vertrauten Laken. Und den lieben Menschen um uns herum.

Deutschland zwischen den Grenzen – es hat sich gelohnt. Es hat mich klüger und dankbarer gemacht.

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