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Wintersport im Sommer: So trainierst du für die Skisaison

Die Hitze nah, der Schnee fern. Trotzdem wollen sich Wintersportler*innen im Sommer auf die kommende Saison vorbereiten. Wie das gelingt, erklärt Langlauf-Supertalent Ilan Pittier.

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Das Knirschen des Schnees im Ohr. Den silbrig blauen Morgenhimmel vor Augen. Die kalte Luft in der Nase. Winterurlaub. Skilaufen. Ein ganz normaler Tagtraum im Hochsommer.

Stattdessen die Realität: über 30 Grad. Schwüle, schwere Luft. Schnaufende Klimaanlagen im Büro und schlaflose Tropennächte. Weit und breit keine Abkühlung. An Sport ist nur in den Morgen- oder Abendstunden zu denken.

Für Wintersportfans ist der Sommer ohnehin eine harte Jahreszeit. Es gibt kaum Möglichkeiten sich auf die sportlichen Ferien im favorisierten Skigebiet vorzubereiten. Wobei: Das stimmt nicht. Behauptet Ilan Pittier.

Der 18-jährige Schweizer ist eines der größten Langlauftalente Europas. Momentan bereitet er sich in der schweizerischen Gemeinde Andermatt auf die kommende Saison vor. Wer im Januar gewinnen will, muss im Juli schwitzen, heißt es unter Wintersportler*innen. Wie die Nachwuchshoffnung trainiert und welche Tipps er Freizeitsportler*innen für die Wintervorbereitung gibt, verrät Ilan im Interview.

Ilan Pittier beim Skilaufen
Auf Skiern fühlt sich Ilan am wohlsten. © Ilan Pittier

#BeatYesterday.org: Ilan, du bist eines der größten Skilanglauftalente Europas. Wie hast du dich als Kind für einen Sport begeistert, den du nur ein paar Monate im Jahr richtig ausüben kannst?

Ilan Pittier: Das ging bei mir schnell. Seit meinem zweiten Lebensjahr stehe ich auf den Skiern. Meine Eltern waren leidenschaftliche Langläufer*innen. Da war es logisch, dass ich das auch mache. Und ich liebe es. Auf Skiern ist es immer lustig. Ich weiß gar nicht, was ich anderes machen sollte, um so viel Spaß zu haben.

#BeatYesterday.org: Die Skisaison auf dem Schnee dauert maximal ein halbes Jahr. Wie trainierst du in den anderen Monaten?

Ilan: So ist es: Sechs Monate kann ich auf Schnee trainieren und sechs muss es ohne funktionieren. Die ersten vier Wochen nach der Wintersaison dienen der Regeneration. Ich trainiere fast gar nicht, sondern kann chillen. Über den späten Frühling und kompletten Sommer wird es härter. Zwei Einheiten am Tag, manchmal pro Session zwei, drei Stunden volle Pulle. Im Sommer legen wir Athlet*innen die Grundlage für den Winter. Wer im Juli nicht fleißig ist, hat im Januar keine Chance.

#BeatYesterday.org: Wie steuerst du gemeinsam mit deinen Coaches das Training über die verschiedenen Jahreszeiten?

Ilan: Im Frühling und Sommer hole ich mir die Kraft und Ausdauer für den Winter. Ich sammle Kilometer und baue Muskeln auf. Zu Beginn der Vorbereitung gehe ich eher in Richtung Maximalkraft, arbeiten mit hohen Gewichten. Im Sommer legen ich dann nicht mehr Masse drauf, sondern muss möglichst viele Wiederholungen schaffen, die aufgebaute Kraft länger ausüben.

Im Frühherbst, unmittelbar vor dem Saisonstart, will ich richtig in Form kommen, fokussiere Schnelligkeit und Explosivität. Und im Winter, wenn Wettkampf auf Wettkampf folgt, trainiere ich am wenigsten. Ich muss die Form halten, mich nach den Maximalbelastungen am Wochenende rasch erholen. Hauptsache ich regeneriere gut und verletze mich nicht.

Ilan Pittier beim Radfahren
Auch auf dem Rad holt sich Ilan die Ausdauer für den Winter. © Ilan Pittier

#BeatYesterday.org: Das ist der grobe Plan für das gesamte Jahr. Nimm uns mit in den Sommer. Wie dürfen wir uns eine Trainingswoche im August bei dir im Detail vorstellen?

Ilan: Zweimal Training am Tag ist völlig normal. Zwei, drei Stunden pro Einheit, wenn wir als Trainingsgruppe Rollski fahren oder joggen. Wir bemessen unsere Leistung nicht in Kilometern, sondern an der Zeit, in der wir hohe Intensitäten halten können. Wir müssen möglichst lange schnell sein. Es heißt ja Skilanglauf.

Dazu kommen mindestens zwei Intervall-Sets die Woche und Sprinttrainings. Das Wechselspiel aus voller Power und mäßigem Tempo setzt – wohldosiert – wichtige Trainingsreize. Nachmittags geht´s häufig in den Kraftraum.

#BeatYesterday.org: Apropos Kraftraum. Welchen Stellenwert genießt das Athletiktraining – und welche Muskelgruppen sind für dich besonders relevant?

Ilan: Ich muss die komplette Muskulatur trainieren. Übungen, die viele Muskeln gleichzeitig fordern, sind nicht immer beliebt, aber vonnöten: Bankdrücken, Liegestütze, Klimmzüge. Nichts Kompliziertes. Es ist aber wichtig, dass ich die Bewegungen technisch sauber ausführe. Außerdem arbeite ich an einer speziellen „Stoßmaschine”, mit der ich die Arme trainiere. Ich brauche Kraft in Bizeps, Trizeps und Schulter, um mich in der Loipe mit den Stöcken kräftig abzudrücken.

Ilan Pittier beim Nordic Walking in den Bergen
Sogar beim normalen Laufen trainiert Ilan mit Stöcken. © Ilan Pittier

#BeatYesterday.org: Leistungssportler*innen trainieren mit vielen Daten. VO2max, Belastungspuls, Atemfrequenz. Wie integrierst du die Daten, die du durch deinen Brustgurt von Garmin erhältst, in dein Training?

Ilan: Laktat- und Pulswerte sind für mich wichtig. Durch den Laktatwert erfahre ich, wie lange meine Muskeln gewisse Belastungen aushalten können. Mit dem Puls kalibrieren meine Coaches die Trainings. Je mehr Leistung ich mit einem geringen Herzschlag erbringe, desto besser.

Die Trainer können mit den Werten, die ich mit dem Brustgurt von Garmin aufzeichne, meine gelaufenen Zeiten genauer bewerten. Sie sehen viel präziser, wann etwas gut ist und wann nicht. Außerdem können sie am Belastungspuls ablesen, ob wir Sportler*innen in die Nähe eines Übertrainings geraten. Das müssen wir vermeiden.

#BeatYesterday.org: Was heißt Übertraining und was sind die Folgen?

Ilan: Im Sport spricht man von Übertraining, wenn wir Athlet*innen uns zu sehr belasten und notwendige Regenerationszeiten versäumen. Dann trainieren wir zwar mehr, aber die zusätzlichen Einheiten haben keinen positiven Effekt mehr. Im Gegenteil: Unser Leistungsniveau sinkt langfristig.

#BeatYesterday.org: Du sprachst davon, dass du deine Trainingseinheiten mithilfe des Pulses kalibrierst. In welchen Bereichen trainierst du?

Ilan: Ich kenne meine Werte genau. Muss aber vorab sagen, dass sich Pulsbereiche individuell von Person zu Person unterscheiden. Ich laufe lange Einheiten mit einem 110er bis 150er Puls. In diesem Bereich kann ich viele Kilometer konstant performen. Ab 170 bis 200 Schlägen gehe ich Richtung Maximalpower. In Wettkämpfen kann die sehr wichtig sein. Allerdings darf ich nicht zu früh zu viel investieren. Sonst rächt sich das durch übersäuerte und dadurch akut geschwächte Muskeln.

Sehr interessant ist das sogenannte Schwellentraining, das ich bei 160 bis 180 Herzschlägen erreiche. Um es einfach zu erklären: Wir Sportler*innen prägen bei Belastungen an der anaeroben Schwelle Pufferzonen aus, die die Wirkung des gebildeten Laktats abdämpfen. Wir übersäuern im Falle einer Maximalbelastung nicht so schnell und können länger das höchstmögliche Tempo halten.

#BeatYesterday.org: Werden wir wieder praktischer. Es gibt Attrappen, mit denen Sportler*innen das Skilaufen simulieren können. Rollski zum Beispiel. Andere fahren Inliner und setzen Stöcke ein. Wie wertvoll sind die Trainingsalternativen?

Ilan: Das Fahren von Rollski ist sehr wichtig und immer hilfreich. Die Bewegungsabläufe ähneln denen beim originalen Langlauf. Ich bekomme ein Gefühl für meine Balance, was im Training relevant ist, weil sich mein Körper durch den Muskelaufbau verändert. Technisch kann ich viel ausprobieren und einstudieren, mich in den Details verbessern. Ich muss dafür aber einiges beachten. Zum Beispiel das gleiche Stockmaß wie in der Loipe nutzen. Sonst vermittelt mir das Training ein falsches Gefühl. Problematisch ist das Bergabfahren. Im Schnee kann ich halbwegs bremsen. Auf Rollski nicht. Deshalb ist Vorsicht extrem wichtig. Sonst riskieren wir Stürze oder Unfälle mit Autos.

Inlinerfahren schadet auch nicht. Wir Leistungsportler*innen machen das ohne Stöcke für die Regeneration. Wer sich als Freizeitsportler*in keine Rollski leisten mag, kann mit Skates plus Stöcken sicherlich ein Feeling für den Stockeinsatz und die Bewegungen beim Skilanglauf bekommen.

#BeatYesterday.org: Zum Abschluss: Nutzt du unkonventionelle Trainingsgeräte?

Ilan: Nicht wirklich. Es sind eher besondere Methoden. Ich analysiere gemeinsam mit meinen Coaches Filmaufnahmen von meinen Trainings, damit wir technische Unsauberkeiten erkennen und beheben können. Auf Rollski lassen sich viele Übungen umsetzen, die das Balancegefühl schulen: Auf einem Bein stehen, komplizierte Verrenkungen und Dehnungen machen. Das, was auf ebenem Untergrund leicht wäre, wird auf Rollen deutlich schwieriger.

Die fünf wichtigsten Tipps von Ilan Pittier

  • Wer ins Fitnessstudio geht oder einen eigenen Kraftraum besitzt, kann sich mit Gewichten gut auf den Winter vorbereiten. Denn zum Skilanglaufen braucht es Kraft. Freizeitsportler*innen sollten nicht mit maximalen Gewichten arbeiten, sondern sich auf die Ausdauer konzentrieren. Möglichst viele saubere Wiederholungen sind wichtig und kräftigen Arme und Beine für die Loipe.
  • Das Gleiche gilt für das Lauftraining. Es kommt nicht auf die höchste Pace und die meisten Kilometer an, sondern darauf, wie lange Sportler*innen mit einem entspannten Puls unterwegs sein können. Daher sind ausdauernde Laufrunden und Radtouren wichtige Einheiten im Sommer.
  • Mit einer Smartwatch von Garmin kann jede*r das Training steuern und in den richtigen Pulsbereichen bleiben. Auch wenn das sehr schnelle Laufen oft verlockend ist, ist es wichtig, dass niemand dauerhaft überreizt. Sonst bleiben langfristige Trainingsfortschritte aus.
  • Wer auf Rollski steht, sollte möglichst flache Strecken wählen. Selbst Profis vermeiden steile Abfahrten auf den Rollen. Es lässt sich nur schwer bremsen und besonders im offenen Verkehr können bei hohen Geschwindigkeiten gefährliche Situationen entstehen.
  • Das Laufen auf Inlinern mit Skistöcken simuliert den Skilanglauf nicht so gut wie das Fahren auf Rollski. Trotzdem ist das Inliner-Training wertvoll. Sportler*innen trainieren ihre Balance, studieren Bewegungsabläufe und beanspruchen die Armmuskulatur.
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