Deine ersten Nächte in der Wildnis: Die Checkliste zum Abenteuer

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Joris Rudy
Dein Coach Joris
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Joris hat als Teilnehmer von „7 vs. Wild” eine der härtesten Outdoor-Prüfungen in Panama bestanden. Auch wegen der Show wollen immer mehr Menschen ein paar Nächte im Freien verbringen. Das ist gar nicht so schwierig, wenn du die entscheidenden Basics beachtest. Was Abenteuerhungrige beachten müssen und worauf es am meisten ankommt, erklärt Coach Joris.

von Joris

In einer meiner ersten Nächte draußen wäre ich beinahe erstickt.

Es war Frühling, der Tag sonnig, der Abend mild. Perfekte Bedingungen. Da meine Eltern ein eigenes Grundstück besitzen, schien die Gelegenheit günstig. Ich musste mir nur den Schlafsack nehmen und konnte mich irgendwo auf dem Hof hinhauen. Und beinahe dabei ersticken.

Was passiert ist? Ich bin Allergiker. Sobald die Pollen fliegen, tränen meine Augen, die Rotze läuft. Manchmal schnürt es mir den Hals zu. Wie in dieser Nacht. Zum Glück bin ich aufgewacht und konnte mir im Haus rechtzeitig Hilfe holen.

Denke ich an die erste Nacht im Freien, fällt mir dieser Moment als Erstes ein. Trotz dieses Schreckensmoments zieht es mich immer wieder raus in Nächte unter dem entblößten Sternenhimmel. Weil es wenig Schöneres auf diesem Planeten gibt.

Welche Fragen du vor deiner ersten Nacht in der Natur ohne Zelt beantworten solltest, erfährst du in diesem Guide.


Coach Joris

Dein Coach: Joris

Der Student Joris wurde europaweit bekannt, als er an der 2. Staffel von „7 vs Wild” teilnahm. Als Rookie schaffte er es in der Survival-Show auf den zweiten Platz. Mittlerweile realisiert der Hobby-Biologe weltweit Filmprojekte im Outdoor-Bereich. Joris lebt in Heidelberg.


Der Start: Wo das erste Mal outdoor übernachten?

Es bietet zahlreiche Vorteile, wenn du im eigenen Garten beginnen kannst. Vorausgesetzt du, deine Eltern oder andere Angehörige besitzen einen.

Was für dein heimisches Territorium spricht?

  1. Du findest rasch Hilfe, wenn wirklich ein akutes Problem auftaucht. Du beispielsweise eine allergische Reaktion zeigst.
  1. Das Ausmachen eines legalen nächtlichen Lagerplatzes ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz gar nicht so simpel. In Naturschutzgebieten ist das Campieren generell verboten. Gleiches gilt für viele Privatwälder oder öffentliche Flächen. Zu Hause ist es am einfachsten. Auch der Balkon taugt notfalls als Alternative.
  1. Du gehst viel lockerer an das Abenteuer ran, wenn du weißt, dass du nur fünf Minuten vom warmen Bett in einer sicheren Unterkunft entfernt bist.

Doch was kann überhaupt dafür sorgen, dass du einen Übernachtungsversuch abbrichst? Meist sind die Gründe nicht dramatisch, aber unbehaglich. Ein plötzlicher Regenschauer vermiest dir das gemütliche Gefühl. In bergigen Gefilden kann die Nachtabsenkung deinen Fluchtinstinkt auslösen. Das ist, einfach erklärt, der Temperaturunterschied zwischen heißem Tag und klammer Nacht.

Grundsätzlich solltest du dich in einem nahen und dir vertrauten Umfeld auf diese Situationen einstellen. Kommst du daheim mit den Unwägbarkeiten klar, stehen die Chancen für die Wildnis ebenfalls gut. Hast du diesen ersten Schritt abgeschlossen, der etwas Überwindung und Zeit braucht, folgen die nächsten rasch.

Das Equipment: Was muss mit?

Wer die Natur über ein bis zwei Tage erleben will, benötigt gar nicht so viel Ausrüstung. Entscheidend sind stets die Grundbedürfnisse: Wärme, Trinken und Essen.

Wichtig ist, und das merke ich besonders im Dschungel: 20 Grad Celsius klingen gemütlich, können sich aber je nach Feuchtigkeit oder Windstärke kalt anfühlen. Dein Körper darf draußen nicht unterkühlen. Damit du das vermeidest, solltest du dich und deinen Schlafplatz trocken halten. Das gilt besonders dann, wenn du auf ein Zelt verzichten möchtest.

Ein Biwakschlafsack ist ausreichend robust, sodass er dich nicht nur warm hält, sondern selbst im Platzregen vor Nässe bewahrt. Bei klarem Himmel hast du aus ihm den besten Blick auf die Sterne. Solltest du keinen teuren Biwaksack anschaffen wollen, hilft ein Tarp. Diese Plane schützt dich, richtig gespannt, zumindest vor den seichten Naturgewalten. Schläfst du in einem provisorischen Unterstand, grenzt dich eine Isomatte gegen die Bodenkälte. Immer wichtig: Ausreichend warme Kleidung und ein zu den Klimabedingungen passender Schlafsack.

Ist das Bedürfnis Wärme gestillt, kannst du dich um das Trinken und Essen kümmern. Besonders das Thema Wasser ist unerlässlich, weil mehrere Risiken lauern.

  • Du büßt schnell körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit ein, wenn du nicht genügend trinkst.
  • Ungefiltertes Wasser kann keimbelastet sein und Magen-Darm-Beschwerden verursachen.

Willst du keine Vorräte mitschleppen, empfiehlt sich ein spezieller Filter. Zwar kannst du Wasser notfalls abkochen, aber ein Feuer ist im Wald immer ein Sicherheitsrisiko.

Essen ist an einem Wochenende in der Wildnis gar nicht so wichtig. Theoretisch kommst du ohne feste Nahrung über ein paar Tage aus. Proviant macht die Zeit aber deutlich komfortabler. Auch denkt es sich ohne Hungergefühl besser.

Der nötige Respekt: Welche typischen Fehler musst du vermeiden?

Glücklicherweise kannst du gar nicht so viel verkehrt machen. Zum normalen Menschenverstand gehört: Unwetter umgehen, die Grundbedürfnisse erfüllen, keine überzogenen Risiken eingehen.

Das Problem ist eher, dass die Leute sogar beim Bushcrafting zu viel mitnehmen. Sie sind, typisch für den deutschsprachigen Raum, überversichert. Drei verschiedene Jacken für jede Wetterentwicklung. Kochgeschirr für ein fürstliches Dinner. Ein Werkzeugkasten für die Großbaustelle. Das alles braucht es nicht.

Wer eine echte Outdoorerfahrung sucht, sollte möglichst primitiv unterwegs sein. Nur du, die Gegenstände, die du zum sicheren Überleben brauchst, und ein Stück Natur, das du mit Respekt achtest. Es kann passieren, dass du ohne Kopfkissen etwas schlechter schläfst als sonst. Dass dir am nächsten Morgen der ecuadorianische Bohnenkaffee fehlt. Aber genau darum geht es: um Momente abseits der Komfortzone. Eine vielleicht etwas anstrengende, dafür aufregende Nacht wird in deinem Gedächtnis eher haften bleiben als ein Abend wie jeder andere.

Der richtige Schlafplatz: Worauf musst du achten?

Wie vorhin angesprochen: Die Suche nach einem Ort für einen Overnighter ist in Europa teilweise komplex.

Es bieten sich Grundstücke im eigenen Besitz an. Zudem gibt es Plattformen, auf denen du dir kostenlos einen Platz auf privatem Land buchen kannst. Wen das Ausland reizt, profitiert in Schweden, Norwegen und Finnland vom sogenannten Jedermannsrecht.

Bei der Auswahl des legalen Lagerplatzes gibt es einige Dinge, die du beachten musst:

  • Er sollte unbedingt trocken sein. Aus dem Vorkommen von Moos kannst du beispielsweise verschiedene Informationen ableiten. Entweder erreicht Wasser diese Stelle leicht. Oder ein Bachlauf schlängelt sich unter dem grünen Teppich durchs Erdreich. Beides disqualifiziert das flauschige Moos als Schlafplatz. Einfach weiterlaufen solltest du trotzdem nicht. Denn Moos ist wertvoll. Es wirkt oft antiseptisch und eignet sich als Verbandmaterial.
  • Sorge dafür, dass du einen leicht erreichbaren Fluchtweg hast. Sollte etwas passieren, dass deinen Aufbruch über Nacht veranlasst, musst du den Weg sicher beschreiten können.
  • Findest du Kot oder andere Spuren von Tieren, halte Abstand. In der blauen Stunde werden einige Waldtiere aktiv – und wollen dir nicht unbedingt begegnen.
  • Immer relevant bei der Suche nach einem Spot für einen abenteuerreichen Ausflug: das Wissen um die lokalen Bedingungen. Wer nach Schweden will, sollte überprüfen, wie lang die Nächte im Sommer sind. Ist es die ganze Nacht hell, kann dich der Schlafmangel zermürben. Zugleich ist auch der Mittsommer in Schweden manchmal ausgesprochen kühl. Oft ein unterschätztes Problem: Fliegen und Mücken. Dein Wissen über die Unwägbarkeiten des Zielorts entscheidet darüber, wie gut dein Trip für dich ausgehen wird.

Es gilt: Je vielfältiger eine Region, desto mehr Know-how solltest du zu Flora, Fauna und Wetter mitbringen. Der Dschungel in Indonesien ist demnach anspruchsvoller als ein Waldstück in Hessen.

Verhalten in der Natur: Was musst du beachten?

Apropos Lebensraum. Eine Sache muss dir jederzeit bewusst sein: Du bist im Wald nur Gast. Andere Tiere leben dort. Das Bauen von Sheltern, also Unterkünften aus Geäst und Gestrüpp, mag jugendliche Freude bereiten. Trotzdem solltest du, wenn überhaupt, ausschließlich Totholz verwenden. Das empfehle ich auch auf Privatgrundstücken. Du weißt nicht, was du in der Natur auslöst, wenn du wahllos einen Baum fällst.

Momentan ist es in deutschen Wäldern tatsächlich problematisch, dass Menschen die Shelter aus YouTube-Videos in heimischen Gefilden nachbauen wollen. Und dabei tiefe Kerben in die Natur schlagen.

Achte deine Umwelt, damit du fortwährend was von ihr hast. Hinterlasse deinen Lagerplatz, so wie du sie ursprünglich vorfandest. Ein Tarp bietet deshalb einen umweltfreundlicheren Unterschlupf als ein Shelter aus Restholz. Vorausgesetzt, du nimmst deine Plane und die Befestigungsbänder, Paracord genannt, wieder mit. Ebenso wichtig: Je weniger du in den Wald schleppst, desto geringer das Risiko, dass du etwas vergisst.

Der notwendige Mut: Wie mit Ängsten umgehen?

Das Verlassen der Komfortzone kann dich verängstigen. Sieh das aber nicht negativ. Angst ist gut, solange sie keine Panik verursacht. Denn Ehrfurcht ist auf jedem Abenteuer eine wichtige Begleiterin. Durch sie nimmst du deine Umwelt sensibler wahr. Denkst mehr und zügiger nach. Dank der intensiver wahrgenommenen Informationen triffst du meist die besseren Entscheidungen.

Den Ängsten, die du selbst für überzogen hältst, solltest du dich stellen. Deine Spinnenphobie wird sich entspannen, wenn du dir beispielsweise eine Vogelspinne in einem Terrarium anschaust. Sieh dem Tier tief in die Augen. Du wirst feststellen, dass es kein böswilliges Wesen ist, das nach deiner Gesundheit trachtet.

Die Checkliste: Was musst du vor dem Start prüfen?

Damit du dich für Jahre positiv an dein Abenteuer zurückerinnerst, solltest du vor dem Aufbruch eine Checkliste durchgehen. Auch sie garantiert keinen rundum tollen Ausflug. Aber sie erhöht die Chance, dass du ihn erlebst.

Die folgenden Punkte gehören dazu:

  1. Du verbringst deine erste Nacht an einem Ort, an dem du dich auskennst. An dem du dich sicher fühlst.
  1. Die Übernachtung an deinem Zielort ist generell erlaubt. Oder du hast dich mit den Verantwortlichen für das Grundstück, zum Beispiel dem lokalen Forstamt, schriftlich geeinigt.
  1. Du hast alles dabei, dass eine warme und trockene Nacht ermöglicht. Einen ausreichend dicken Schlafsack dabeihaben, ist besser als einen ausreichend dicken Schlafsack vermissen.
  1. Du hast deine Trinkwasserversorgung gesichert. Bedenke: Schon nach einem halben Tag ohne Flüssigkeitszufuhr wirst du unter ersten mentalen und kognitiven Einschränkungen leiden.
  1. Du hast eine verlässliche Lichtquelle dabei, mit der du dich nachts orientieren kannst.
  1. Du hast verinnerlicht, was dich erwartet. Du weißt also, welche Eigenheiten in deiner Zielregion auf dich warten – und du bist auf sie vorbereitet. Zum Beispiel mit Insektenschutzspray.
  1. Du hast die Wettervorhersage gescheckt. In Europa sind diese Berichte sehr verlässlich, im Dschungel weniger. Schaue trotzdem immer drauf, egal wohin es dich verschlägt.
  1. Du hast trotz sonniger Aussichten für das Problem „Nässe“ vorgesorgt. Eine vernünftige Regenjacke ist niemals zu viel.
  1. Du hast Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Du weißt also, wie du schnell Hilfe findest und kennst die Rettungswege. Ein inReach Mini von Garmin eignet sich besonders. Mit diesem hast du weltweit Empfang – und kannst jederzeit deinen Standort und deine Notlage übermitteln.

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